Die Kölner Spieler feiern den Derby-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Zunächst stand Kölns Trainer Steffen Baumgart gut 50 Meter entfernt und gab den Beobachter.

Während seine Derby-Helden eine lange Ehren-Runde drehten und von ihren Fans im trotz rasant steigender Corona-Zahlen ausverkauften Stadion frenetisch gefeiert wurden, verfolgte Baumgart die Szenerie vor seiner Bank stehend mit den Händen in den Hüften. So, als sauge er diesen Moment noch einmal auf. Dann ging er alleine vor die Südkurve, zog seine Schiebermütze vor den Fans und ließ sich nach dem 4:1 Derby-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach ausgiebig feiern.

Kölns höchster Derby-Erfolg seit 1996

«Es ist schön, diese Emotionen erleben zu können», sagte Baumgart: «Ich hoffe, dass uns dieses Gefühl noch lange erhalten bleibt.» Der Sieg gegen den Erzrivalen in Baumgarts erstem Rhein-Derby war der höchste Derby-Erfolg seit 1996 ein von Peter Neururer trainierter FC Gladbach um Stefan Effenberg mit 4:0 besiegte. Doch die größte Kölner Fete seit langem war ziemlich sicher auch die letzte in dieser Form für eine ganze Weile.

«Wenn die Südtribüne singt, tanzt, lacht, trinkt – es gibt kein schöneres Gefühl», sagte der gebürtige Kölner Mark Uth, Torschütze zum wichtigen 2:1 beim Blick durch die mit 50.000 Zuschauern gefüllte Arena.

Sorge um Zuschauer-Beschränkungen

Doch in den Rausch mischte sich auch Wehmut. Denn allen scheint klar: Beim nächsten Heimspiel am 10. Dezember gegen Augsburg werden es wohl deutlich weniger Fans sein. Denn nicht nur SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach findet «Spiele im vollen Stadion aktuell nicht akzeptabel. Die Menschen infizieren sich nicht im Stadion», sagte er der «Bild am Sonntag»: «Aber die Anreise und die Feiern nach dem Spiel sind die Infektionsherde.»

Bedenken, dass die Zuschauerzahl bald wieder mindestens beschränkt wird, «haben wir alle», gab Kölns Interims-Sportchef Jörg Jakobs zu: «Keiner weiß so richtig, wie es weitergeht. Wir stehen vor einem schweren Winter. Die Sorge, was auf uns zukommt, haben wir ja nicht nur im Fußball, sondern gesellschaftlich. Und das wird den Fußball, wie auch immer, sicher auch betreffen.»

Baumgart hofft dagegen, «dass uns das noch lange erhalten bleibt. Die Vereine haben gute Konzepte. Ich kenne kein Stadion, das ein Hotspot war.» Mittelfeldspieler Salih Özcan, der als gebürtiger Kölner im Derby besonders heiß war und sein wohl bestes Spiel im FC-Trikot machte, nahm die neutrale Position ein. «Wir müssen abwarten, was die Regierung sagt», sagte er: «Man kann eh nichts dagegen machen.» Umso mehr genoss auch Özcan den besonderen Erfolg im Kreise der Fans. «Hammer, Hammer! Das war eine mega Team-Performance. Wir haben die Fans stolz gemacht», sagte er.

Gladbacher Frust

Bei der Fraktion vom Niederrhein war die Stimmung entsprechend getrübt. «Es fühlt sich sehr unangenehm an, das erste Derby als Trainer von Mönchengladbach in dieser Form zu verlieren», sagte Trainer Adi Hütter: «Ich kann mich jetzt nicht hinstellen und mich für unsere Leistung entschuldigen – für das Ergebnis aber sehr wohl.» Und Kapitän Yann Sommer bilanzierte zerknirscht. «So ein Derby ist immer ein Rückschlag, wenn man es verliert. Da ist viel Emotion und Prestige drin. Das sollte man nicht verlieren.»

Von Holger Schmidt, dpa

Von