Trotz des guten Starts unter Trainer Hansi Flick glauben einer Umfrage zufolge nur drei Prozent an einen Titelgewinn der DFB-Elf in Katar. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Hansi Flick gibt keine Garantien. Hansi Flick gibt Hausaufgaben. Mit einem bislang einmaligen Spezialprogramm will der Bundestrainer die Fußball-Nationalmannschaft noch rechtzeitig fit machen für den WM-Titel 2022.

Nur drei Prozent der Deutschen glauben derzeit an einen Coup in Katar – da greift Flick mit seinem Plan sogar in die Hoheit von Club-Trainern wie Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel und Pep Guardiola ein.

«Wir können keinen Titel garantieren, aber wir garantieren, dass wir alles dafür tun werden, um Titel gewinnen zu können», sagte Flick vor den letzten beiden Länderspielen des Jahres 2021 der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».

Ungewöhnliches Trainingsprogramm

Praktisch zur Begrüßung bekamen Manuel Neuer, Kai Havertz und Kollegen am Montag in Wolfsburg vor dem Abschluss in der bereits geglückten WM-Qualifikation mit den Partien am Donnerstag (20.45 Uhr/RTL) gegen Liechtenstein und drei Tage später in Armenien Flicks ungewöhnliches Trainingsprogramm präsentiert. Im kommenden Jahr sollen die Katar-Kandidaten auch bei der täglichen Arbeit in ihren Vereinen Trainingsinhalte für die DFB-Elf absolvieren.

«Uns ist es wichtig, dass die Spieler, auch wenn wir nicht zusammen bei der Nationalmannschaft sind, daran arbeiten, was wir ihnen individuell vorgegeben haben. Etwa am taktischen Verständnis oder am Thema Standardsituationen», sagte Flick. Mehrfach hatte er schon betont, kaum Zeit zu haben, bis zum Turnier am Golf.

Konflikte mit den Clubs fürchtet der einstige Bayern-Titelsammler nicht. Intensiv hat er in seinen ersten gut vier Monaten als Bundestrainer den Kontakt zu den Vereinen gepflegt. «Jeder Verein hat seine eigenen Voraussetzungen, und ich will niemanden vorschreiben, wie er seine Arbeit zu machen hat. Aber wir suchen den Austausch mit den Trainern, und dabei wollen wir schon vermitteln, was uns wichtig ist…», sagte Flick.

Flick verzichtet auf WM-Lehrgang

Praktisch als Entgegenkommen verzichtet der Bundestrainer in der Bundesliga-Pause vom 24. Januar bis 3. Februar auf einen möglichen Lehrgang mit seinen WM-Kandidaten. In dieser Zeit müssen die Clubs nur ihre Spieler aus Amerika und Asien für dort noch ausstehende WM-Qualifikationsspiele abstellen.

«Für viele Spieler, die international spielen, war die Belastung sehr hoch. Deswegen glaube ich auch, tut dem einen oder anderen, weil die Winterpause auch nicht allzulang ist, ein Durchatmen ganz gut», sagte Flick der Deutschen Presse-Agentur. Erster Präsenzlehrgang der Nationalmannschaft 2022 ist erst wieder im März mit den ersten WM-Testspielen.

Den Fokus auch auf die tägliche Arbeit in den Clubs zu legen, ist für Flick eine Selbstverständlichkeit. «Nationalmannschaft ist immer, das ganze Jahr, nicht nur die 14 Tage, die man bei einzelnen Maßnahmen zusammen ist oder während der Turniere», sagte der 56-Jährige. Konkret will er das Team in drei Gruppen aufteilen: «die Abwehr, das Zentrum mit defensivem Mittelfeld und Zehner, und den Sturm mit Flügelstürmern und Neuner.»

Training wie im Fernstudium

Rotierend werden sich Flick und seine Assistenten Marcus Sorg und Danny Röhl wie bei einem Fernstudium um je eine Abteilung kümmern. «Das läuft auch über Gruppencoaching, mal online, aber auch mal so, dass die Spieler das nach Absprache mit den Vereinstrainern vor Ort in ihren Clubs umsetzen», erläuterte Flick den neuen WM-Plan.

Vertrauen und Glauben in die Nationalmannschaft sind weiterhin nur gering ausgeprägt. Nur drei Prozent der Menschen in Deutschland glauben an den fünften WM-Titelgewinn der DFB-Elf im Finale am 18. Dezember 2022 in Doha. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

Tröstlich für Flick: Auch nur fünf Prozent meinen, dass wie 2018 in Russland bereits nach der Gruppenphase Schluss ist. 20 Prozent – und damit die meisten Befragten – rechnen mit einem Ausscheiden im Viertelfinale. Zehn Prozent denken, dass eine Runde zuvor schon im Achtelfinale Schluss ist, 16 Prozent sehen die DFB-Elf im Halbfinale und sieben Prozent tippen auf einen Einzug ins Endspiel mit anschließender Finalniederlage. Immerhin 39 Prozent haben noch keine Meinung zum deutschen WM-Abschneiden.

Mit der Überzeugungsarbeit beginnen können Joshua Kimmich und Kollegen nun in Wolfsburg und dann bis Ende März mit ihren Club-Sonderschichten. Auch Flick weiß, dass die Titelreife noch erarbeitet werden muss. «Das stimmt, wir sind der Herausforderer, der etwas gewinnen will. Unser Motto lautet: zurück an die Weltspitze. Das ist ein Prozess. Das ist nicht von heute auf morgen machbar. Wohin unser Weg geht, entscheidet sich erst im kommenden Jahr.»

Von Arne Richter und Jan Mies, dpa

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