Ist nicht mehr Trainer von RB Leipzig: Jesse Marsch. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Zur besten Frühstückszeit beendete RB Leipzig das Experiment mit Jesse Marsch.

Nach nur fünf Monaten gab der erstmals tiefer kriselnde Vizemeister am Sonntagmorgen um zehn nach zehn die Trennung vom US-Amerikaner bekannt – die nach dem Weggang von Julian Nagelsmann geplante Rückkehr zur RB-DNA war damit krachend gescheitert. In der Champions League am Dienstag gegen Manchester City soll Co-Trainer Achim Beierlorzer auf der Bank für Aufbruchstimmung sorgen. Ein neuer Coach soll zeitnah präsentiert werden.

«Wir wollten mit Jesse die Kernphilosophie herausstellen. Das hat nicht geklappt, weil die Mannschaft nicht bereit war, zu 100 Prozent den Matchplänen und der Überzeugung zu folgen», sagte Clubboss Oliver Mintzlaff bei Sport1. Dass Marsch beim 1:2 bei Union Berlin am Freitag noch in der Corona-Quarantäne in seiner Leipziger Wohnung hockte und nur virtuellen Kontakt zum Team hatte, interessierte Mintzlaff nicht. «Es spielt für mich keine Rolle, ob jemand krank ist oder ob die Kommunikation nicht so ideal war. Wir hätten heute gewinnen müssen, das war der klare Auftrag», sagte der 46-Jährige in der ARD.

Spekulationen über Nachfolger

Mintzlaff geht aktuell davon aus, «dass wir zur Rückrunde den neuen Cheftrainer präsentieren können». Die Spekulationen um Marschs Nachfolger hatten bereits am Samstag begonnen, als der 48-Jährige offiziell noch seinen Job hatte. Domenico Tedesco dürfte in der Favoritenstellung sein. Der 36-Jährige ist verfügbar und smart genug für das von RB verkaufte Image. Außenseiterchancen hat womöglich Lucien Favre, eine Salzburger Lösung mit dem erst im Sommer angetretenen Matthias Jaissle dürfte kaum zur Debatte stehen. Kandidaten wie Roger Schmidt (Eindhoven), Erik ten Hag (Ajax), Bo Svensson (Mainz) und Robert Klauß (Nürnberg) sind gebunden und kommen aus diversen Gründen kaum infrage.

Der Druck liegt nun vor allem auf Mintzlaff. Der Ex-Leichtathlet muss das sportliche Fiasko mit Marsch reparieren, an dem er selbst großen Anteil hat. Schließlich ließ er nicht nur Sportdirektor Markus Krösche ziehen, sondern rollte diversen Berichten zufolge Nagelsmann praktisch den mit gut 20 Millionen Euro geschmückten roten Teppich für einen Wechsel zum FC Bayern München aus.

In der Kritik der Fans steht der Vorstandschef deshalb schon länger. Seine teilweise unsouveränen TV-Auftritte nach dem Union-Spiel offenbarten, dass auch Mintzlaffs Nervenkostüm geschwächt ist. «Der Weg von RB Leipzig ging bisher nur in eine Richtung. Es ist eine Phase, die wir so nicht kennen. Wir werden das analysieren und die richtigen Schritte einleiten müssen», sagte Mintzlaff.

Trennung kommt spät

Dass die Trennung vom menschlich tadellosen Marsch der richtige Schritt ist, ist unbestritten. Er kommt halt zu spät. Laut Mintzlaff habe Marsch nach dem 3:0 gegen Bochum und dem 1:1 in Frankfurt Zweifel geäußert, ob er der richtige Mann für den Job sei. Intern war die Stimmung also eher das Gegenteil des von Marsch vorgelebten Optimismus – und hat sich, wie An der Alten Försterei offensichtlich wurde, auch auf die Mannschaft übertragen.

Allerdings muss man zügig die Kurve kriegen. Schon am Dienstag geht es gegen den englischen Meister Manchester City im Fernduell mit dem FC Brügge um die Qualifikation zur Europa League. Die wird nur erreicht, wenn RB genauso viele Punkte holt wie die Belgier in Paris. Und in den restlichen Bundesliga-Spielen sind Siege gegen Mönchengladbach, in Augsburg und gegen Bielefeld Pflicht, um wenigstens in Schlagdistanz zu den Champions-League-Plätzen zu bleiben.

Von Tom Bachmann, dpa

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