Nach der Qualifikation des 1. FC Köln für die Europa League stürmten die Fans den Platz im RheinEnergieStadion. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Den Platzsturm ließen sich viele Fans des 1. FC Köln nicht verbieten. Als die zweite Europacup-Qualifikation in den vergangenen 30 Jahren dank Schützenhilfe des rheinischen Rivalen Bayer Leverkusen feststand, stürmten Tausende auf den Rasen.

Der Verein hatte vor und während des Spiels vehement darum gebeten, das Feld nicht zu betreten, hatte sogar extra Zäune hochgezogen. Doch schnell sahen die Ordnungskräfte die Aussichtslosigkeit des Unterfangens ein und entschieden sich für geregelte Absperrung auf dem Platz.

Zu selten und außergewöhnlich ist es eben, wenn sich der einst so große FC heutzutage für Europa qualifiziert. Die Fans sangen unentwegt «Europapokal», sicherten sich Tornetze und Elfmeterpunkte. Das 0:1 gegen den VfL Wolfsburg, ausgerechnet besiegelt durch das Kölner Eigengewächs Yannick Gerhardt (43.), kümmerte niemanden mehr ernsthaft.

FC-Coach tut sich schwer nach der Niederlage

Außer Steffen Baumgart. «Eigentlich ist mir nicht nach Feiern zumute», sagte der Trainer und Baumeister des Kölner Erfolgs: «Wenn wir verlieren, ärgert mich das. Deshalb fällt es mir ein bisschen schwer, euphorisch zu sein. Aber wenn ich auf die Tabelle schaue, bin ich innerlich doch am Grinsen.»

Wie 2017, bei der zuvor einzigen Quali seit 1992, wurde Stürmer Anthony Modeste von den Anhängern auf Händen getragen. «Lieber das, als getreten zu werden», sagte der Franzose lachend: «Aber eigentlich hätten sie die ganze Mannschaft auf Händen tragen müssen.» Dennoch war er der Einzige, der länger auf dem Platz blieb. Die Kollegen begaben sich schnell in den Innenraum, denn zu Ende ist die traumhafte Reise noch nicht. Die Conference League oder zumindest deren Play-offs hat Köln sicher. Ein Sieg nächste Woche in Stuttgart und höchstens ein Remis von Union Berlin gegen Bochum würde aber den Start in der Europa League bescheren.

«Wir wären jetzt gerne draußen und würden mit den Fans feiern», sagte der gebürtige Kölner Salih Özcan, angeblich von Borussia Dortmund umworben: «Aber das gehört aus Sicherheitsgründen dazu. Jetzt können wir zwei Tage ein bisschen Gas geben und dann versuchen wir, in Stuttgart zu gewinnen.»

Baumgart hätte eine Feier auf dem Platz für unangebracht gehalten. «Die Saison ist noch nicht vorbei», sagte er: «Wir können eine Polonaise durch die Stadt machen. Aber wir können nächste Woche auch noch Platz sechs kriegen. Dass die Leute feiern, ist komplett in Ordnung. Auch, dass sie auf dem Rasen sind. Dass wir, wenn wir 1:0 verlieren, nicht in Euphorie rausgehen, sollte aber auch jeder verstehen.»

200.000 Ticket-Anfragen

Die positive Anspannung in der Stadt war am Samstag überall zu greifen. Vor allem rund um die Arena. Als der Mannschaftsbus um 14.09 Uhr vorfuhr, wurde er von zahlreichen Fans mit großem Applaus empfangen. Vor dem Anpfiff enthüllten die Fans ein riesiges Spruchband mit der Aufschrift «Schiesst uns nach Europa, macht es noch einmal – 1. FC Köln, international». Über 200.000 Ticket-Anfragen hatte es gegeben, 50.000 Fans durften rein.

Die Stimmung kippte, als Lukas Nmecha vermeintlich das 0:2 erzielte (55.). Kurz herrschte komplette Stille, angesichts der Hoffenheimer Führung gegen Leverkusen schien die Party zu diesem Zeitpunkt vertagt. Doch der Videobeweis ergab eine Abseitsstellung. Und ausgerechnet der Rivale aus Leverkusen ließ die FC-Fans mit drei Toren in Hoffenheim jubeln.

Wolfsburgs Trainer Florian Kohfeldt empfand derweil angesichts der Jubel-Bilder keinen Neid, auch wenn es vom Etat her eigentlich eher sein Team sein müsste, das in Europa spielt. «Es macht mir Spaß, den Kölnern beim Feiern zuzusehen», sagte er: «Das ist ein sympathischer Verein, ich mag Steffen sehr. Und nächstes Jahr wollen wir dann selbst wieder um diese Plätze spielen.»

Von Holger Schmidt, dpa

Von