Setzt bis zur WM auf die Spieler des FC Bayern München: Uli Hoeneß. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Roberto Pfeil/dpa)

Noch in den Katakomben des Wembley-Stadions ging es für den Bayern-Block um die plötzlichen Bankdrücker Thomas Müller und Serge Gnabry schon wieder um die Krise daheim.

«Na klar ist jetzt für uns Bayern-Spieler der Fokus voll auf den nächsten Wochen», sagte Routinier Müller mit Blick auf 13 wegweisende Spiele in sieben Wochen, in denen bis zur langen WM-Pause wichtige sportliche Weichen gestellt werden müssen, gerade in der Fußball-Bundesliga. «Das wird anstrengend genug», stöhnte Müller.

Mahner Hoeneß

Zumal Ehrenpräsident Uli Hoeneß direkt nach dem 3:3 gegen England in einer RTL-Schalte klare Vorgaben vom Tegernsee an die Münchner Profis und auch den unter erheblichen Lieferdruck geratenen Trainer Julian Nagelsmann übermittelte. «Man muss ganz klar sagen: Unsere Mannschaft hat zuletzt nicht gut gespielt! Da muss dran gearbeitet werden.» Es sei «dringend notwendig», mahnte der 70 Jahre alte Vereinspatron, dass die Spieler jetzt schnell wieder zur Verfassung der «überragenden Spiele» zu Saisonbeginn zurückfänden.

Die Lage muss Nagelsmann mit seinem Starensemble nach zuletzt vier sieglosen Bundesligapartien und dem 0:1-Tiefpunkt von Augsburg entschärfen. Schon am Freitag geht’s los gegen Bayer Leverkusen, eine Woche darauf geht’s dann nach Dortmund. Wir werden voll angreifen und auch voll angreifen müssen», hatte Bayern-Chef Oliver Kahn angekündigt. Von Nagelsmann sei er weiterhin «total überzeugt».

Die Nations-League-Spiele gegen Ungarn (0:1) und England sorgten nicht für den auch von den Bayern-Bossen um Kahn sowie Nagelsmann erhofften Stimmungsumschwung bei ihrem DFB-Personal. Dieses kehrte am Dienstag vielmehr mehrheitlich frustriert nach München zurück. Ein Lichtblick war einmal mehr allein der 19-jährige Jamal Musiala, der seine Unbekümmertheit auf dem Fußballplatz einfach in jedem Trikot beibehält. Er lasse die Vereinssituation «nicht an» mich ran, sagte Musiala: «Das ändert meine Mentalität nicht.»

Musiala begeistert

Hoeneß war schwer beeindruckt, wie der in London aufgewachsene Youngster bei seinem besonderen Länderspiel in der Fußball-Kultstätte Wembley aufspielte und als offensiver Impulsgeber den riesigen Erwartungen standgehalten habe. «Im Vorfeld wurde er ja ohne Ende unter Druck gesetzt. Man hat ja gemeint, Messias spielt jetzt bei der deutschen Mannschaft», sagte Hoeneß, der sich als «großer Fan» von Musiala outete und Nagelsmann einen Rat gab, der wie ein Befehl klang: «Wenn Jamal so spielt, muss er beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft gesetzt sein.»

Auch dem erst spät eingewechselten Müller blieb als Zuschauer nicht «verborgen, dass der längst für Gnabry, Leroy Sané oder auch ihn zum ernsthaften Konkurrenten gewordene Musiala «in der zweiten Halbzeit, als das Spiel aufging, seine Fähigkeiten zeigen konnte».

Hoeneß vermied ansonsten lieber Einzelkritik. Aber die Länderspiele waren ein Indikator dafür, wie es um einige Münchner Spieler steht. «Man merkt schon: Serge Gnabry sitzt auf der Bank, Thomas Müller sitzt auf der Bank, das sind ja Dinge, die die Bayern-Spieler nicht so gewohnt sind», bemerkte Hoeneß zur Reservistenrolle dieser Offensivgrößen gegen England.

Die nach dem Corona-Ausfall von Manuel Neuer und Leon Goretzka immer noch fünf Bayern-Spieler im DFB-Kader sollten nach vier sieglosen Bundesliga-Partien am Stück eigentlich mit Toren und Siegen Selbstvertrauen für den Vereinsalltag tanken. Das misslang. «Die Form war zuletzt nicht da – und dann wird über Spieler des FC Bayern immer diskutiert, gar keine Frage», bemerkte Hoeneß. Er erwartet trotzdem jetzt eine Trendwende beim auf Tabellenplatz fünf abgestürzten Serienmeister. «Julian Nagelsmann kann sich jetzt voll mit der Mannschaft vorbereiten auf die wichtigen Spiele, die jetzt kommen. Ich bin überzeugt, dass unsere Mannschaft dann auch wieder Form kriegt», sagte der Ehrenpräsident.

Vor dem Leverkusen-Spiel kann Nagelsmann freilich kaum mit dem gesamten Team trainieren und an den Krisen-Symptomen arbeiten. Immerhin konnten Neuer und Goretzka nach ihrer Corona-Pause am Dienstag wieder mit der Mannschaft trainieren. Und es gab ja auch positive Länderspielnachrichten: Sorgenkind Sadio Mané beendete seine Torflaute im Einsatz für den Senegal: Beim Testspielsieg gegen Bolivien verwandelte der Stürmer einen Elfmeter.

Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa

Von