Union Berlins Trainer Urs Fischer spricht nach dem Abpfiff mit BVB-Spielern. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Gora/dpa)

Über diesen Versprecher musste Timo Baumgartl herzhaft lachen. Wie es sich denn so anfühle, gegen den Spitzenreiter gewonnen zu haben, wurde der Verteidiger von Union Berlin nach dem 2:0 gegen Borussia Dortmund gefragt. «Äh, Spitzenreiter?», rutschte es Baumgartl als Antwort heraus. An manche Dinge muss man sich eben noch gewöhnen. Aber klar, Spitzenreiter, das ist in der Fußball-Bundesliga nicht der BVB. Das ist auch nach dem zehnten Spieltag und damit schon die halbe Saison lang Union Berlin – und die Liga bewundert die Eisernen dafür. 

«Union macht das hervorragend. Man muss nicht so tun, als wäre das Mittelmaß. Erster nach zehn Spieltagen», zollte der unterlegene Dortmunder Verteidiger Mats Hummels Respekt. Und Dortmunds Trainer Edin Terzic meinte in seiner Analyse des am Sonntagabend dank ausgeklügelter und perfektionierter Taktik unbezwingbaren Kontrahenten: «Es ist das, was Spitzenteams ausmacht. Jeder weiß, was sie tun und keiner kann es verhindern.»

Fischer, der nüchterne Schweizer

Spitzenteam? Bei dieser Einschätzung hätte Union-Trainer Urs Fischer ganz unabhängig vom Tabellenrang schon wieder kritisch aufgemerkt. Spitzenteam? Meisterkandidat? Überflieger? All diese aktuellen Titulierungen sind dem nüchternen Schweizer immer noch zu viel. Doch seine Argumentationsgrundlage, dass immer noch die 40-Punkte-Marke und der Klassenverbleib das Ziel seien, wird bei 23 Zählern nach zehn Spieltagen immer dünner.

Ein hauptsächlich mit dem BVB beschäftigter Journalist wagte nach der erneuten Demonstration der Fußball-Stärke tatsächlich, die Frage nach den Titelchancen zu stellen. Fischers klare Replik: «Wir haben ein Ziel herausgegeben, zu Beginn dieser Spielzeit, dass wir diese 40-Punkte-Marke bekommen. Jetzt ändern wir doch nicht nach 23 Punkten unsere Ziele. Das ist für mich logisch», machte der Schweizer seine ziemlich nüchterne Sichtweise wieder klar. 

Überhaupt sei sein Team unabhängig vom Tabellenbild beileibe nicht die beste deutsche Fußball-Mannschaft, sagte Fischer und lieferte aktuelle Fakten. 29 Prozent Ballbesitz gegen Dortmund. «Das muss besser werden», meinte Fischer. 68 Prozent Passquote. «Das muss präziser werden», forderte er. Mit Akribie oder auch Pedantismus hat er Union zu dem gemacht, was es ist. Ein unkonventionelles Spitzenteam. 

«Das ist Wahnsinn, das ist eigentlich unglaublich»

Dabei ist es nicht so, dass Fischer nicht auch staunend vor diesem Köpenicker Fußball-Märchen steht. «Das ist eine tolle Momentaufnahme. 23 Punkte nach zehn Spielen. Das ist Wahnsinn, das ist eigentlich unglaublich», sagte der 56-Jährige. Aber: 40 Punkte bleiben eben 40 Punkte. Auch wenn man nur eines von zehn Spielen verloren hat, seit vier Spielen national und international ohne Gegentor ist und insgesamt in der Bundesliga erst sechs Tore hinnehmen musste. Basta. 

Fischer hat sowieso erst mal andere Gedanken. Denn am Mittwoch (20.45 Uhr/Sky) kommt der Zweitligist 1. FC Heidenheim zum DFB-Pokalspiel ins Stadion an der Alten Försterei. Heidenheim, das ist die unverrückbare Fischer-Logik, wird wie jeder Gegner ein schwerer Gegner sein. «Wir werden auch am Mittwoch uns am Limit bewegen müssen, um in die nächste Runde einzuziehen», sagte der Union-Trainer.

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