Nach dem Spiel umarmt Robert Lewandowski (l) Frankreichs Doppeltorschützen Kylian Mbappé. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Lächelnd nahm Weltfußballer Robert Lewandowski Frankreichs Superstar Kylian Mbappé an der Mittellinie in den Arm und gab dem Mann des Abends ein paar Worte mit auf den weiteren WM-Weg. Doppeltorschütze Mbappé hat Frankreichs Star-Ensemble in das Viertelfinale geführt und den WM-Traum von Lewandowski beendet.

Angeführt vom an allen drei Toren beteiligten Mbappé bejubelte der Fußball-Weltmeister nach einer überlegenen Vorstellung ein hochverdientes 3:1 (1:0) gegen Polen. Im Superstar-Gipfel leitete Mbappé die Führung von Rekordtorschütze Olivier Giroud in der 44. Minute ein – und vollstreckte dann mit zwei perfekten Schüssen (74./90.+1) selbst. 

Nach dem Bestmarken-Abend in Al-Thumama, an dem Kapitän Hugo Lloris mit seinem 142. Einsatz zum Rekordnationalspieler aufstieg, winkt der Équipe Tricolore am Samstag in der Runde der besten Acht ein großer Klassiker gegen England oder das Duell gegen den Senegal. Immerhin einmal durfte auch Lewandowski jubeln, als er in der Nachspielzeit im zweiten Versuch per Handelfmeter zu seinem zweiten WM-Tor traf.

Frankreichs Trainer Didier Deschamps wirkte sichtlich erleichtert und war voll des Lobes für Matchwinner Mbappé: «Das polnische Team war gut aufgestellt, um uns Widerstand zu bieten. Wir haben in der Halbzeit etwas umgestellt. Wenn du Kylian siehst: Mit diesen Fähigkeiten kannst du viele Probleme lösen.» Ähnlich euphorisch kommentierte Torschütze Giroud den Viertelfinaleinzug: «Das Abenteuer geht weiter. Wir sind eine Superbande von Kameraden. Das sieht man auf dem Platz. Der Weg ist noch lang, aber heute werden wir feiern.»

Ungleiches Duell

Lewandowski & Co. konnten das ungleiche Duell mit dem großen Favoriten über weite Strecken offener gestalten, als viele das angenommen hatten. Nach erdrückender Anfangsphase durch die Franzosen schnupperte der Außenseiter sogar an der Führung, doch gegen ein Ensemble voller Extraklasse reichte Leidenschaft allein am Ende nicht. 

Der siegreiche Weltmeister agierte im Abschluss zunächst zu verspielt und nicht präzise genug – sonst wäre die Partie sicher bereits früher entschieden gewesen. Aber auch so tanzten die Franzosen nach dem Abpfiff ausgelassen vor den Fans, während sich die Polen zumindest versöhnlich von der WM-Bühne verabschiedeten.

Vor 40.989 Zuschauern versuchten die beiden Superstürmer Mbappé und Lewandowski auf unterschiedliche Art, offensive Akzente zu setzen. Effektiver – und auch von mehr Angriffsklasse unterstützt – präsentierte sich Mbappé. Der 23-Jährige legte nicht nur für den neuen alleinigen französischen Rekordtorschützen Giroud auf, der mit 52 Toren nun Thierry Henry hinter sich gelassen hat. Der Vollspeed-Fußballer war als mannschaftsdienliche Anspielstation auch immer bemüht, die Kollegen in Szene zu setzen. 

Nach hartem Einsteigen gegen ihn wurde Mbappé in der zweiten Hälfte ein Elfmeter verweigert – zuvor war auf Abseits entschieden worden. Nach seinem ersten Tor pushte er noch einmal die französischen Fans, die ihr Team im Endspiel am 18. Dezember sehen wollen und den Star von Paris Saint-Germain nach dem 3:0 lautstark feierten.

Näher an der Führung als Lewandowski war Zielinski

Als Ballverteiler versuchte sich auch Vollstrecker Lewandowski. Nachdem der 34-Jährige beim 0:2 gegen Argentinien mit Lionel Messi vor allem als «erster Verteidiger» geschuftet hatte, wich er in der Star-Kraftprobe mit dem französischen Chef-Angreifer immer wieder auf den Flügel oder ins Mittelfeld aus. 

Ein eigener Distanzschuss verfehlte das Tor (21.), einen Freistoß aus gut 20 Metern setzte der Weltfußballer in die Mauer (33.). Die Duelle mit seinem ehemaligen Bayern-Kollegen Dayot Upamecano, der als einziger Münchner in der Startelf stand, verliefen nicht besonders hart oder spektakulär. Zu oft war Lewandowski vorne auf sich allein gestellt.

Näher an der Führung als Lewandowski war Piotr Zielinski, der frei stehend aus elf Metern wuchtig, aber zu zentral auf Frankreichs Kapitän Lloris zielte. Den Nachschuss konnte auch der Wolfsburger Jakub Kaminski nicht ins Tor setzen (38.). Kapitän Lloris zeigte in seinem 142. Länderspiel – so viele wie Lilian Thuram – aber auch ein, zwei Wackler, entschuldigte sich etwa nach einem schlampigen Zuspiel.

Die verpasste Führung wurde wenig später durch Giroud bestraft. Nach der perfekten Vorarbeit von Mbappé ließ er Polens in diesem Turnier so starken Torhüter Wojciech Szczesny keine Chance. Der 36-jährige Giroud, der nach der Verletzung von Ballon d’Or-Gewinner Karim Benzami zur unumstrittenen Nummer 1 im Sturmzentrum aufgestiegen ist, atmete nach seinem Rekordtor erleichtert auf. 

Christian Kunz, Holger Schmidt und Christoph Lother, dpa

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