Vincent Kompany wirkte von der brütenden Hitze so ausgelaugt wie seine Spieler, als er die für ihn absolut alternativlose Rotation nach der ersten Niederlage des FC Bayern bei der Club-WM verteidigte. Dass die Münchner durch das vermeidbare 0:1 (0:1) gegen Benfica Lissabon den Gruppensieg Portugals Fußball-Rekordmeister überlassen mussten und nun im Achtelfinale gegen Brasiliens Topteam Flamengo spielen und nicht gegen den FC Chelsea, macht für den Trainer überhaupt keinen Unterschied.
«Es gibt keine einfachen K.o.-Runden», sagte Kompany. Im Turnierbaum stehen die Bayern nun aber auf der wohl stärkeren K.o.-Runden-Seite. Im Viertelfinale lauert bei einem Weiterkommen die Mega-Aufgabe gegen Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain. «Natürlich sind die gut. Aber die haben wir auch schon geschlagen», verkündete Thomas Müller weiterhin selbstbewusst.
Kompany sprach mit sichtlich erhitztem Kopf im klimatisierten Pressesaal des «Bank of America Stadiums» von «sehr logischen Entscheidungen», die er getroffen habe. Sieben Wechsel in der Startelf zeigten erkennbar Wirkung, auch wenn er den Begriff «B-Elf» ablehnte. Etliche Topkräfte wie Joshua Kimmich, Harry Kane oder Michael Olise wurden mindestens 45 Minuten geschont.
Sonst sind «die Spieler alle tot»
Denn Kompany wollte mit Blick auf die nun beginnende zweite Turnierphase vermeiden, dass «die Spieler alle tot sind, weil sie 90 Minuten hier in der Hitze gespielt haben. Mein Ziel ist, uns in die bestmöglichen Voraussetzungen für das nächste Spiel zu bringen», sagte er energisch vor dem Kräftemessen mit Flamengo am kommenden Sonntag (22.00 Uhr/Sat.1. und DAZN). «Und ein positives Ergebnis wird mir Recht geben», hofft der 39 Jahre alte Belgier.
In Miami ist es auch heiß. Aber es ist kein Vergleich zu dem Glutofen im total offenen Football-Stadion von Charlotte. «Die Spieler hatten Krämpfe, sie haben gelitten», sagte Kompany. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die ganz neu formierte Elf um Neuzugang und Debütant Tom Bischof eine «eher maue erste Halbzeit» hinlegte, wie der wieder gut haltende Kapitän Manuel Neuer sagte.
Erst nach der Pause habe man mit Kimmich, Kane, Olise und später auch Konrad Laimer und Jonathan Tah «ganz anderen Fußball gespielt», meinte Neuer. Mit mehr Dampf – und mehr Qualität auf dem Platz. Was fehlte, waren die Tore. Laimer traf den Pfosten, allen voran Leroy Sané scheiterte kurz vor seinem Bayern-Abschied mehrmals am sehr guten Benfica-Torwart.
«Normalerweise schießen wir da ein paar Tore, das ist die Wahrheit», stöhnte Kompany. Und dann wäre hinterher nicht so intenisiv über den Qualitätsabfall im vermeintlichen Luxuskader geredet worden. Kimmich verteidigte die zweite Garde und Kompany: «Es ging auch darum, dass der Trainer alle Spieler mitnehmen will. Es reicht nicht, dass man nur eine gute Startelf hat. Sondern auch Spieler dahinter, die funktionieren. Auch die brauchen Rhythmus.»
Müllers Mentalitäts-Konter: «Sind wir jetzt in Dortmund?»
War die schwache erste Hälfte womöglich eine Mentalitätssache? Auf die Frage reagierte Thomas Müller leicht pampig. «Sind wir jetzt in Dortmund? Haben wir schon mentale Probleme?» Das könne man total vergessen: «Wir sind voll auf Spur, was unsere Mentalität betrifft, hier gewinnen zu wollen.»
Die Turnierveteranen Müller (35) und Neuer (39) zweifeln kein bisschen am weiteren Bayern-Weg in Amerika. «Was hier passiert ist, hat keine Relevanz», versicherte Müller: «Ich weiß, dass so eine K.o.-Runde immer ein Spiel mit dem Feuer ist. Aber ich bin überzeugt, dass wir noch einige Zeit hier sind.»
«Die großen Spiele machen wir dann»
Auch Neuer blickt «sehr positiv» Richtung voraus. «Wenn wir so weiterspielen wie in der zweiten Halbzeit, wird das ein sehr gutes Turnier.» Jetzt gehe es in die K.o.-Runden – «und diese großen Spiele, die machen wir dann».
Müller, für den auf seiner Abschiedstour ab jetzt jede Partie tatsächlich die allerletzte als Bayern-Profi sein könnte, erinnerte mit seiner großen Erfahrung aus Nationalmannschafts-Zeiten an das wacklige «Algerien-Spiel bei unserem glorreichen WM-Sieg» 2014 in Brasilien. Nur mit viel Mühe kam man damals im Achtelfinale gegen den Außenseiter weiter. Bei jedem Turniersieger gebe es zwischendrin Momente, «wo es mal eng wird und nicht alles optimal läuft».
Bevor Kompany Charlotte auf Nimmerwiedersehen verließ, machte er noch eine Kampfansage. «Die erste Turnierphase ist vorbei, die zweite startet. Und das ist eine neue Geschichte. Wir gehen voll rein in das Spiel gegen Flamengo.»