Nagelsmann muss «gambeln»: Ausfälle zum Start in WM-Quali
Nagelsmann benennt seinen ersten Kader auf dem Weg zur WM (Archivbild). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hendrik Schmidt/dpa)

Kein Jamal Musiala. Kein Marc-André ter Stegen. Kein Nico Schlotterbeck. Und jetzt auch noch kein Kai Havertz. Julian Nagelsmann muss bei seiner ersten Kaderauswahl für die WM-Saison schon wieder mehrere fixe Startelfspieler von seiner Liste streichen. 

Wenn der Bundestrainer am Mittwoch (17.00 Uhr) sein erstes Personaltableau für die Qualifikation der Fußball-Nationalmannschaft zur Endrunde 2026 in Amerika benennt, wird es «ein paar Überraschungen geben», kündigte DFB-Sportdirektor Rudi Völler an. 

Gut ein Jahr nach seiner tränenreichen EM-Analyse hat sich die schmerzhafte Wartezeit auf den nächsten großen Titelangriff für Nagelsmann zwar mehr als halbiert. Die Probleme scheinen beim Start in das Rennen um das fest eingeplante WM-Ticket für Amerika 2026 aber gewachsen. Die Titelsehnsucht («Ein goldener Pokal ist auch ganz schön») ist beim Bundestrainer unverändert. 

Konsequenzen aus Sommer-Enttäuschung

«Irgendwie hat man das Gefühl gehabt, ein paar Prozent haben gefehlt. Das müssen wir wieder hinbekommen, diese Härte gegen uns selbst», beschrieb DFB-Sportdirektor Völler in einem Sommerinterview bei Sky die Stimmung nach der Enttäuschung mit zwei Niederlagen gegen Portugal (1:2) und Frankreich (0:2) und nur Platz vier beim Heim-Finalturnier der Nations League.

Wieder kein Titel, nicht mal der kleine und die Konkurrenz deutlich voraus. Das hatte auch Nagelsmann gewurmt und zum Umdenken und Handeln veranlasst. Als erste WM-Maßnahme kündigte der Bundestrainer die erneute Versetzung von Kapitän Joshua Kimmich von der Position des Außenverteidigers ins defensive Mittelfeldzentrum an – analog zu dessen Rolle beim FC Bayern. 

«Stand jetzt kehrt er auf die Sechs zurück, weil er einfach einer von zwei, drei Spielern ist, der in seinem Club da immer spielen wird», sagte der 38-Jährige. Gerade im Zentrum will Nagelsmann Spieler mit Praxisnachweis haben. Man könne da nicht «gambeln», sprich zocken. «Wir müssen schauen, dass wir Spieler haben, die auf dieser Position im Rhythmus sind», erklärte er. 

Völler verspricht Überraschungen

Zu anderen Umbaumaßnahmen wird Nagelsmann durch die prominenten Ausfälle gezwungen – und damit auch zu Experimenten. Ein, zwei oder drei? Noch wird spekuliert, wie vielen jungen Profis zum Beispiel aus dem Kader der bei der EM erst im Finale von England unglücklich bezwungenen U21 der Bundestrainer die WM-Tür öffnet. «Es gibt Spieler, die sich aufgedrängt haben», sagte Völler. «Da sind einige dabei, da bin ich überzeugt, da wird man einige sehen bei der A-Nationalmannschaft.» 

Interessante Spieler gäbe es zum Beispiel in Frankfurt oder Freiburg, legte Nagelsmann eine Spur aus. Führt sie zu den jungen Eintracht-Profis Nnamdi Collins, Nathaniel Brown oder Elias Baum? Der Freiburger Verteidiger Max Rosenfelder fehlte allerdings zuletzt auch verletzt. 

Paul Nebel (FSV Mainz 05) und der Gladbacher Rocco Reitz sind bekanntermaßen schon auf der Kandidatenliste des Bundestrainers. Offensivmann Nick Woltemade vom VfB Stuttgart nach seinem Juni-Debüt trotz des Münchner Transferwirbels sowieso.

Die Absage von Havertz war der nächste Rückschlag nach den schlechten Sommernachrichten mit Musialas Beinbruch bei der Club-WM und ter Stegens erneuter Rückenoperation, samt großem Trouble beim Arbeitgeber FC Barcelona. In Tim Kleindienst aus Mönchengladbach fehlt auch noch der mit vier Treffern erfolgreichste Torschütze der Gruppenphase der Nations League. 

Havertz laboriert an einer nicht genauer benannten Knieblessur. Der nächste Rückschlag für den 26 Jahre alten Arsenal-Profi, der wegen einer schweren Muskelverletzung am Oberschenkel bereits alle vier Länderspiele des Jahres 2025 verpasst hatte. Ausfälle wie diese tun Nagelsmann weh. Eine Erkenntnis ist nämlich, dass die WM-Konkurrenz viel mehr Kader-Breite hat. 

Torwart-Kandidaten hat Nagelsmann trotz des erneuten Ausfalls von ter Stegen scheinbar genug. Eine WM-Rückkehr von Manuel Neuer – ein weiteres heißes Sommerthema – schlossen er und Völler Stand jetzt ziemlich kategorisch aus. Wie die Debatte weitergeht, hängt aber davon ab, ob ter Stegen wieder fit wird und dann in Barcelona oder anderswo regelmäßig auf Topniveau spielt.

Oliver Baumann dürfte wieder die Rolle als Ersatz-Eins für die WM-Qualifikation bekommen. «Ich möchte ihm jetzt so nahelegen, dass ich wieder spielen kann oder sollte, wenn Marc nicht da ist. Aber alles nur über Leistung und nicht über Gerede», sagte der Schlussmann der TSG Hoffenheim zur anstehenden Torwartentscheidung des Bundestrainers. 

Favorit in Quali-Gruppe

Die Nationalmannschaft startet am 4. September in Bratislava gegen die Slowakei in die Ausscheidungsrunde für die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada. Drei Tage später ist in Köln Nordirland der Gegner. Dritter Kontrahent in der Gruppe A ist Luxemburg. Der Gruppensieger löst das WM-Ticket direkt. Die Gruppenauslosung findet am 5. Dezember in Washington statt.

Von Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa

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