DFB-Boss Neuendorf: Mit Nike-Millionen in zweite Amtszeit
DFB-Spitzen: Präsident Bernd Neuendorf und die bisherige Generalsekretärin Heike Ullrich (Archivfoto) (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Nach ersten Aufräum-Jahren beim Deutschen Fußball-Bund steht Präsident Bernd Neuendorf vor seiner zweiten Amtszeit. Beim 45. Ordentlichen DFB-Bundestag am Freitag (9.30 Uhr) auf dem Campus in Frankfurt/Main wird es auch um die finanzielle Lage des größten Sportfachverbandes der Welt gehen. Die über acht Millionen Mitglieder in fast 24.000 Vereinen dürfen auf mehr Geld für Nachwuchs und Amateure hoffen.

Wie sieht es mit einer Wiederwahl des DFB-Präsidenten aus?

Da es keinen Gegenkandidaten für Neuendorf gibt, gilt diese als sicher. Der 64-Jährige strebt nach seinem Antritt 2022 eine zweite Amtszeit an – dieses Mal für vier Jahre. Der ehemalige Journalist und Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in Nordrhein-Westfalen sieht die Phase der «Konsolidierung» und «Transformation» nach turbulenten Jahren als bewältigt an. Jetzt soll mehr gestaltet und – auch mit den vielen Millionen des neuen Ausrüsters Nike – vor allem der Bereich Nachwuchs/Amateure gestärkt werden: «Hier kommen die künftigen Stars her.» 

Was ist mit Personalien auf anderen DFB-Posten? 

Silke Sinning, Vizepräsidentin für Bildung, Freizeit- und Breitenfußball, muss in eine Kampfabstimmung mit Silke Raml gehen. Das sorgt für Unruhe – Sinning ist die einzige Frau, die einem Landesverband vorsteht. Die Sportwissenschaftlerin hatte sich 2022 bei der Präsidiumswahl völlig überraschend gegen den langjährigen Spitzenfunktionär Rainer Koch durchgesetzt und steht für eine Erneuerung im Verband. Raml kommt – wie der einstige DFB-Interimspräsident Koch – aus dem Bayerischen Fußball-Verband, wo er noch Ehrenpräsident ist.

Neuendorf will in seinem 15 Personen umfassenden Führungsgremium einen zusätzlichen Vize-Posten schaffen – für Strategie. Der soll die Umsetzung der DFB-Strategie bis 2030 steuern und überwachen. Vorgesehen ist Matthias Schöck vom württembergischen Landesverband, derzeit noch Bürgermeister von Hildrizhausen. 

Wie ist die internationale Reputation des DFB?

Neuendorf sitzt im Council des Weltverbandes FIFA. Dortmunds Joachim Watzke ist Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees. Bei den sportpolitischen Debatten der vergangenen Jahre – WM 2022 in Katar, WM-Vergabe 2034 nach Saudi-Arabien – wird dem DFB-Chef von Kritikern zu viel Zurückhaltung vorgeworfen. Über sein Verhältnis zum höchst umstrittenen FIFA-Präsidenten Gianni Infantino sagte Neuendorf kürzlich: «Anfangs war es belastet, mittlerweile ist es belastbar.» 

Wie steht es um die Finanzen des DFB?

Der neue Nike-Vertrag von 2027 an gibt dem DFB viel finanziellen Gestaltungsraum. Er soll nach Informationen des «Handelsblatts» mit 100 Millionen Euro pro Jahr etwa doppelt so viel wie die seit Jahrzehnten dauernde Partnerschaft mit Adidas bringen. Der DFB setzt inzwischen fast eine halbe Milliarde Euro im Jahr um. 

«Die wirtschaftliche Stabilisierung verdanken wir auch den guten Vertragsabschlüssen mit Sponsoren, den Steigerungen bei den Medienerlösen und auch dem neuen Grundlagenvertrag mit der DFL», sagte Neuendorf der dpa. Er sprach von einer «bedrohlichen finanziellen Schieflage zu Beginn unserer Amtszeit». 

Das strukturelle Defizit in Höhe von 20 Millionen Euro pro Jahr wurde durch Sparmaßnahmen behoben. «Wir haben das alles ohne das vielzitierte Nike-Geld und ohne externe Berater geschafft», betonte Neuendorf. Aber: Der DFB schlägt sich weiter mit juristischen und drohenden finanziellen Altlasten herum. 

Welche Verfahren sind noch anhängig?

Nach dem langen Sommermärchen-Prozess (130.000 Euro Geldstrafe für den DFB) muss sich der Verband derzeit wieder vor dem Landgericht Frankfurt wehren: Dem früheren Schatzmeister Stephan Osnabrügge wird vorgeworfen, bei DFB-Einnahmen aus der Bandenwerbung insgesamt rund 3,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Sein Rechtsbeistand weist die Vorwürfe zurück.  

Dem Verband war wegen dieser Affäre vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit für die betroffenen Jahre 2014 und 2015 aberkannt worden, weshalb ihm eine Steuernachzahlung in zweistelliger Millionenhöhe droht. Der DFB hat dagegen Einspruch erhoben, vorsorglich aber Rücklagen in Höhe von 46 Millionen Euro gebildet. Ein Schuldspruch würden den DFB, der vor dem Finanzgericht Kassel zudem um die Rückerstattung von rund 26 Millionen Euro aus einer Steuernachzahlung für 2006 kämpft, erheblich treffen.

Wie steht’s um die Nationalteams als Aushängeschilder?

Nach der WM-Pleite in Katar 2022 mit der folgenden Trennung von Bundestrainer Hansi Flick und Sportdirektor Oliver Bierhoff hat die Heim-EM mit Julian Nagelsmann der Männer-Nationalmannschaft neuen Schwung gegeben. Der Fehlstart in der WM-Qualifikation wirft aber wieder die Frage auf: Gehört die DFB-Auswahl überhaupt noch zur internationalen Spitze?

Die Frauen mit Chefcoach Christian Wück können nach dem WM-Vorrunden-Aus 2023 auf das erreichte EM-Halbfinale und zuletzt auf den Einzug ins Nations-League-Finale verweisen. Spielerische Probleme haben aber auch sie.  

Wie soll der Frauenfußball weiter gefördert werden?

Neuendorf hatte in einem Interview der «Frankfurter Rundschau» angekündigt, dass dafür 100 Millionen ausgegeben werden sollen. «Es ist das größte Invest des DFB seit dem Campus-Bau.» Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung haben Eckpunkte eines Wachstumsplans beschlossen. Der Bundestag muss nun die Gründung einer «Frauen-Bundesliga Gesellschaft» beschließen. Diese soll vor allem der besseren Vermarktung und Professionalisierung der Liga dienen. «Der Investitionszeitraum soll sich über acht Jahre ab 2026 erstrecken», erklärte Neuendorf. 

Was passiert mit Generalsekretärin Heike Ullrich? 

Ullrich soll nach fünf Jahren auf dem hauptamtlichen Posten Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball werden, anstelle von Sabine Mammitzsch. Als neuer Generalsekretär ist Holger Blask vorgesehen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der GmbH & Co.KG des DFB soll künftig beide Ämter in Personalunion ausfüllen.

Von Ulrike John, dpa

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