Uli Hoeneß wird 70: Der FC Bayern prägt weiter sein Leben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marijan Murat/dpa)

Auf ein größeres Fest zum 70. muss Uli Hoeneß schweren Herzens verzichten. Die Omikron-Welle durchkreuzt die Pläne, die der Bayern-Patron für seinen runden Geburtstag hatte.

Die Kabarettistin Monika Gruber sollte bei ihm auftreten und dafür sorgen, dass seine Gäste «gerade in diesen Corona-Zeiten auch mal etwas zum Lachen» gehabt hätten. Daraus wird nichts. «Alle diese Dinge kann man jetzt leider nicht machen», sagt Hoeneß traurig. Er strahlt auch im fortgeschrittenen Alter große Lebensfreude und Schaffenskraft aus. Uli Hoeneß ist keiner für den Ruhestand.

Der heutige Geburtstag muss in seinem Haus am Tegernsee also im Kleinformat ablaufen. Hoeneß feiert im engsten Familienkreis, mit seiner Frau Susi, Sohn Florian und Tochter Sabine, den Enkeln sowie seinem Bruder Dieter, der ebenfalls kommen soll. «Wir werden die Regeln einhalten, kleiner Kreis, ein schönes Essen, das war’s», erzählt der Jubilar bei einem Treffen an der Säbener Straße.

Der Rückzug war für Hoeneß nicht einfach

Ein eigenes Büro auf der Vorstandsetage des FC Bayern München besitzt er als Ehrenpräsident nicht mehr. Er wollte das so. Herbert Hainer, sein Nachfolger als Präsident, hat seines Ende 2019 übernommen, als sich Hoeneß nach vier Jahrzehnten als Manager, Vorstandsmitglied und schließlich Präsident aus der ersten Macher-Reihe zurückzog. «Ich muss zugeben, dass es am Anfang nicht so einfach war», sagt er in einem Besprechungsraum mit Blick auf die Trainingsplätze der Profis zum Prozess des Loslassens. Der FC Bayern ist sein Lebenswerk.

Anfangs sei er noch zwei-, dreimal wöchentlich da gewesen. Aber er musste sich eingestehen: «Wenn ich mich zu sehr einmische und zu oft sehen lasse, ist das nicht gut. Man macht es dann den neuen handelnden Personen, die ich selbst ausgesucht und forciert habe, unnötig schwerer.» Präsident Hainer, Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic soll(t)en sich «freischwimmen» können, wie er das nennt. Gerade Kahn, der Karl-Heinz Rummenigge im Sommer ablöste, wolle «einen eigenen Stil kreieren», sagt Hoeneß.

«Glückskind», trotz schwieriger Momente

Bei den Heimspielen in der Allianz Arena sitzt Hoeneß aber noch als Dauergast im Zentrum der Macht – oben bei Kahn und Hainer, meist mit einem rot-weißen Fanschal. Bei Toren hüpft er jubelnd aus seinem VIP-Sitz. Bei den Geisterspielen, die wieder verordnet wurden, aber «könnte ich weinen.» Keine Stimmung im Rund, kein Geld in der Kasse.

Der am 5. Januar 1952 in Ulm geborene Metzgerssohn Uli Hoeneß blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Im deutschen Fußball polarisierte keiner so wie er. Hoeneß war die «Abteilung Attacke» des FC Bayern, aber zugleich der Visionär der Bundesliga, Vor- und Feindbild in einem. Beim Rückblick auf sieben Lebensjahrzehnte tituliert sich Hoeneß selbst als «Glückskind», trotz schwieriger Momente.

Am 17. Februar 1982 – damals 30 Jahre jung – überlebte er als Einziger den Absturz eines kleinen Propellerflugzeugs. Die zwei Piloten und ein weiterer Passagier starben. Damals war Hoeneß schon Manager in München. Seine Profikarriere als pfeilschneller Stürmer an der Seite von Torjäger Gerd Müller endete nach zahlreichen Titelgewinnen im Bayern-Trikot und als Nationalspieler (Europameister 1972, Weltmeister 1974) früh. «Wer ist schon mit 23 Jahren praktisch fertig?», sinniert Hoeneß fast ein halbes Jahrhundert danach.

Nach einer schweren Knieoperation 1975 konnte er nie mehr der Spieler sein, «der ich vorher war, der wilde, schnelle Uli Hoeneß.» So wurde das «Glückskind» mit 27 Jahren Manager – und damit zum Glücksfall für den FC Bayern, der damals noch Konkurrenten um die Meisterschaft und Schulden hatte. «Die DNA des FC Bayern ist die von Uli», äußerte Jupp Heynckes (76) über seinen Freund. Hoeneß sei «Herz, Hirn und Seele des Vereins.» Heynckes war gleich dreimal Bayern-Trainer.

Die Familie ist sein Rückhalt

Der schwarze Punkt in Hoeneß‘ Vita ist eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro. Zu drei Jahren und sechs Monaten Haft wurde er im März 2014 verurteilt. «Das ist auf jeden Fall ein Makel, den ich selbst zu verantworten habe. Ich habe einen Riesenfehler gemacht», sagt Hoeneß heute. Gegen den Rat seiner Anwälte ging er nicht in Revision. «Das hätte Jahre dauern können, aber meine Familie und ich hatten in der Nacht nach dem Urteil entschieden, dass ich ins Gefängnis gehe. Die Zeit dort hat mich stark geprägt, und ich glaube, auch noch stärker gemacht.»

Die Familie ist sein Rückhalt. Die Wurstfabrik, die er einst mit einem Freund in Nürnberg gründete, führt schon seit Jahren sein Sohn. Vor allem ohne seine Frau wäre sein Leben für den Fußball und den FC Bayern nicht so möglich gewesen, bekennt er selbst. Viele Profis waren im Hause Hoeneß zu Gast. Dann kochte Susi. Ihr Mann erzählt eine Anekdote: «Als 2010 die Geschichte mit Franck Ribéry beim FC Bayern zu Ende zu gehen schien, weil seine Berater ihn mehr oder weniger an Real Madrid verkauft hatten, haben wir ihn mit seiner Frau Wahiba zu uns zum Essen eingeladen. Susi hat extra für sie halal gekocht, wir hatten einen wunderbaren Abend, und gegen Mitternacht hat Wahiba schließlich gesagt: ‚Franck, nous restons à Munich!‘ Wir bleiben in München.» Ribéry spielte bis 2019 für den FC Bayern.

Hoeneß denkt mit 70 auch noch nach vorne

Hoeneß ist ein Unikat. Freundschaft ist ihm wichtig. Ein Handschlag bei Geschäften zählt für ihn. «Zuverlässigkeit und Dankbarkeit sind mir in einer Freundschaft ganz wichtig. Wer mir mal etwas Gutes getan hat, ist geschützt – ein Leben lang», sagt er. Mit Widersachern ging er dafür nie zimperlich um. Er bezeichnet sich selbst als vorlaut.

Anlässlich des Todes von Gerd Müller (75) im vergangenen Jahr versöhnte er sich mit Paul Breitner, dem Kumpel aus frühen Kicker-Jahren, mit dem es später zum Bruch kam. «Wir sind wieder gut miteinander», sagte Breitner (70) jüngst im Bayerischen Fernsehen.

Hoeneß denkt mit 70 auch noch nach vorne. Er will noch so vieles erleben. Mit seiner Frau möchte er auf die Malediven, nach Mauritius oder Asien reisen. Oder wie früher in der Vorweihnachtszeit nach New York fliegen. «Ich habe noch große Lust auf solche Dinge», sagt er in Gedanken an ein wieder normaleres Leben nach Corona. Auch die große Geburtstagsparty 2022 sei nur verschoben. Seine Frau werde im Juni ebenfalls 70: «Und wenn dann die Verhältnisse so sind, wie wir uns das vorstellen, gibt es ein Riesenfest im privaten Bereich.»

Von Klaus Bergmann, dpa

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