Domenico Tedesco kassierte als RB-Coach bislang nur zwei Niederlagen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Gora/dpa)

Domenico Tedesco kennt den Pott. Er kennt die Malocher-Mentalität. Er hat beim FC Schalke 04 gearbeitet, wo Glückauf zum Sprachrepertoire gehört. Nicht anders klingt die Begrüßung beim FC Erzgebirge Aue.

Dort, in Westsachsen, wo der Bergbau die Menschen ebenfalls geprägt hat, machte Tedesco als Trainer so richtig auf sich aufmerksam. 31 Jahre war er damals, seine erste Profi-Station. Aue war Anfang März 2017 Tabellenletzter in der 2. Fußball-Bundesliga. Am Saisonende stand Aue auf Platz 14 – und Retter Tedesco bekam ein Angebot aus Gelsenkirchen.

Rückblickend sprach er mal von einer «sehr mutigen Entscheidung» von Aues Präsident Helge Leonhardt, einem so jungen Trainer ohne Profi-Erfahrung in einer sehr schwierigen sportlichen Situation zu vertrauen. Vor Aue hatte Tedesco Jugendmannschaften der TSG 1899 Hoffenheim und des VfB Stuttgart trainiert.

Tedescos aktueller Arbeitsplatz ist nur gut 100 Kilometer von Aue entfernt. Wieder hat er eine Mannschaft übernommen, die nicht dort stand, wo sie hätte stehen sollen, nur dass die Ansprüche sich auf einem deutlich höheren Niveau bewegen. Seit Dezember ist Tedesco Chefcoach bei RB Leipzig. Der 36-Jährige ist der Nachfolger von Jesse Marsch, der in seiner kurzen Amtszeit nach dem Wechsel von Julian Nagelsmann zum FC Bayern im Sommer vergangenen Jahres nicht den erfolgbringenden Zugang zur Mannschaft fand.

Bisher nur zwei Niederlagen als RB-Coach

Tedesco schon. Von den zwölf Spielen unter seiner Führung schaffte RB acht Siege, zwei Partien endeten Remis, gegen den FC Bayern und Arminia Bielefeld kassierten die Leipziger die bisher einzigen Niederlagen unter Tedesco. Im DFB-Pokal steht RB am nächsten Mittwoch im Viertelfinale gegen Hannover 96, mit einem Sieg beim VfL Bochum an diesem Sonntag (15.30 Uhr) will der Club aus Sachsen seine Anwartschaft auf einen Champions-League-Platz untermauern.

Tedesco habe einfach seine Prinzipien, sagte Angreifer Yussuf Poulsen jüngst. Es gebe gewisse generelle Strukturen, manche würden den Spielen entsprechend angepasst. Welche, das wollte Poulsen nicht sagen, er entgegnete mit einem Lächeln: «Ihr könnt ja mal den Trainer fragen, ob er es verraten will, glaube ich aber auch nicht.»

Poulsen über Tedesco: «Er moderiert es gut»

Tedesco sei jemand, der die Kunst beherrsche, mit den Emotionen ebenso umzugehen wie mit dem Verstand, schrieb zu dessen Schalker Zeiten mal der «RevierSport» über den Fußball-Lehrer. Eine Stärke von Tedescos aktueller Mannschaft ist, dass der Zusammenhalt über die elf Profis auf dem Platz hinausgeht. Wer auflaufen darf und wer zunächst auf die Bank muss, erfahren die Spieler von Tedesco erst am Spieltag. «Er moderiert es gut», betonte Poulsen und fügte dann den wohl entscheidenden Nachsatz an: «Alle kriegen ihre Zeiten.»

Es sei nicht selbstverständlich, wie jeder seinen Beitrag zum Erfolg leiste, sagte Tedesco in den vergangenen Tagen schon mehrfach. «Mein Credo ist: Wenn wir so viel Personal zur Verfügung stehen haben, muss es eine Stärke werden, dass die Spieler auf dem Platz alles geben und sich komplett aufopfern, während die Konkurrenz auf dieser Position auf der Bank durchschnauft.»

Tedescos Credo wurde in den vergangenen Spielen zur Erfolgsformel. «Es macht einfach die Gruppe stärker, wenn man weiß, dein Nebenmann ist auch gut drauf, und es ist egal, ob er 60 oder 90 Minuten spielt oder die letzten zehn», erklärte Poulsen. So war es auch in San Sebastián, als Leipzig mit einem 3:1 und fünf Veränderungen in der Startelf ins Achtelfinale der Europa League einzog.

Oder vor einer Woche in der Liga beim 6:1 bei Hertha BSC, als Tedesco gar auf sieben Positionen seine Anfangself verändert hatte. Wer gegen Bochum ran darf, wird sich zeigen, die Serie von sechs Pflichtspielsiegen in sechs Spielen wollen die Leipziger mit Pott-Kenner Tedesco wieder gemeinsam fortsetzen.

Von Jens Marx, dpa

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