Roms Cheftrainer José Mourinho küsst die Trophäe nach dem Finale. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Thanassis Stavrakis/AP/dpa)

Eigentlich war José Mourinho schon reif für den Urlaub. Doch während in der Heimat hunderttausende Fans der AS Rom den ersten europäischen Titelcoup seit 61 Jahren zelebrierten, hatten seine Conference-League-Champions noch eine letzte Überraschung für ihn parat:

Sie stürmten den Pressekonferenzraum und überschütteten den breit grinsenden Mourinho mit Bier. Der selbst ernannte «Special One» lächelte das obligatorische Zeremoniell nach seinem nächsten geschichtsträchtigen Sieg nicht nur souverän weg, sondern blühte nochmal richtig auf.

Kurz nach Mitternacht hüpfte Mourinho plötzlich eifrig mit, bevor er spontan entschied, dass die Bierdusche seiner Titelmannschaft ein würdiger Schlusspunkt für das eigentlich noch laufende Frage-und-Antwort-Spiel ist. Mourinho war mit seiner Mannschaft einfach verschwunden.

1:0-Finalsieg gegen Rotterdam

«Wir haben Geschichte geschrieben. Dieser Titel bringt den Leuten Freude», hatte er zuvor nach dem 1:0-Finalsieg gegen Feyenoord Rotterdam, mit dem sich die Römer in Tirana zum ersten Gewinner der Conference League krönten, gesagt. Und wie! In der italienischen Heimat feierten allein 50.000 Menschen im Stadio Olimpico.

Dazu kamen Autokorsos, Hupkonzerte und Feuerwerke, die Tifosi lagen sich am Kolosseum und überall in der Stadt in den Armen. Die XXL-Party bis zum Morgengrauen des Donnerstags erinnerte in ihren Ausmaßen an die ganz großen Erfolge von Europameister Italien.

Presse begeistert

«Grazie Roma», titelte die «Gazzetta dello Sport», das römische Blatt «Corriere dello Sport» wähnte die Gelb-Roten gar «im Paradies». «Tuttosport» huldigte «Mou, dem König von Rom».

«Ich war zu 100 Prozent sicher, dass die Saison mit einem besonderen Ereignis enden würde – und so ist es passiert», sagte der 59 Jahre alte Mourinho, der mit dem Triumph in Albanien mal wieder mehrere Einträge im Fußball-Geschichtsbuch vollbrachte: erster Trainer, der alle drei aktuellen europäischen Wettbewerbe gewonnen hat; erster Trainer, der mit vier verschiedenen Clubs einen internationalen Titel gewonnen hat; und dazu eine europäische Endspielbilanz von 5:0.

Noch Fragen? Mourinho sagte: «Wir haben unseren Job erfüllt. Heute haben wir Geschichte geschrieben.» Beinahe gönnerhaft konnte er in diesem Zuge als Sechster der Serie A mitteilen, dass das Team nicht für die Qualifikation für die Champions League gemacht war.

Doch das war Coach, Profis und vor allem Anhängern in dieser lauen Sommernacht völlig egal. Nicht nur in Rom zelebrierten die Fans, sondern auch in Tirana, wo sich schon tagsüber Zehntausende bei glühender Hitze auf die Finalpremiere eingestimmt haben.

Wilde Emotionen

«Roma ist Champion, das ist alles, was zählt. Es ist unglaublich. Wir haben für die Fans gewonnen», sagte Abwehrspieler Leonardo Spinazzola. Siegtorschütze Nicolo Zaniolo fügte an: «Das ist der wahr gewordene Traum meines jungen Lebens. Die Trophäe ist für die Fans.»

Schon im – für Final-Verhältnisse – winzigen Stadion von Tirana hatte Mourinho nach Schlusspfiff wilde Emotionen gezeigt. Erst rannte er unkontrolliert über den Rasen und weinte, später küsste er die Trophäe noch vor der offiziellen Übergabe durch die UEFA-Delegation. «Jetzt fühle ich mich wie ein richtiger Römer», sagte er und stellte zu seiner Zukunft klar: «Ich bleibe, da gibt es keine Zweifel.»

Doch geht es nach dem Portugiesen, hat er nach einer langen und kräftezehrenden Saison nicht mehr viel Power übrig. «Es ist eine Schande, dass meine Spieler jetzt zum Nationalteam gehen – wenn sie die gleiche Energie haben wie ich, sollten sie direkt zum Strand gehen», sagte Mourinho.

Von Patrick Reichardt und Manuel Schwarz, dpa

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