Birgit Prinz (r), Psychologin der Frauen-Nationalmannschaft, spricht mit Torwarttrainer Michael Fuchs. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Die Rekord-Nationalspielerin ist eine der begehrtesten Interviewpartnerinnen in der deutschen Auswahl bei der Fußball-EM in England – besser: Sie wäre es. Denn Birgit Prinz, das hat sich längst herum gesprochen, ist nicht für Medientermine zu haben.

Die 44-Jährige hat dennoch was zu sagen, in allererster Linie im Hintergrund.

«Wertvolle» Prinz bleibt im Hintergrund

Als Team-Psychologin wird sie vom Trainerstab und von den Spielerinnen ungemein geschätzt. Und ist vor dem ersten K.o.-Spiel des Rekord-Europameisters gegen Österreich am Donnerstag (21.00 Uhr MESZ/ARD und DAZN) besonders gefordert. «Es geht nicht mehr um Birgit Prinz», erklärt Prinz selbst in einem DFB-Video ihre Zurückhaltung vor Kameras und Mikrofonen. «Ich weiß, dass mein Name immer noch attraktiv ist. Für mich geht’s ganz klar um unsere Spielerinnen.»

Ihre Karriere, die sie nach der Heim-WM 2011 beendete, ist einzigartig: 214 Länderspiele, 128 Tore, Weltmeisterin 2003 und 2007, fünfmal Europameisterin, drei olympische Bronze-Medaillen, neunmal deutsche Meisterin mit dem 1. FFC Frankfurt. «Für uns ist sie auch wertvoll, weil sie immer noch den Spielerinnen-Blick hat», sagt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.

Abgesehen von ihrer Aufgabe in der Nationalmannschaft ist Prinz auch bei der TSG 1899 Hoffenheim als Psychologin angestellt. «Ich schätze Birgit extrem. Wir stimmen viele Themen ab, die mit ganzen Teamprozess zu tun haben», sagt Voss-Tecklenburgs Assistent Patrik Grolimund und spricht von einer «Scharnierfunktion» der Expertin.

«Baustein in diesem Puzzle»

Prinz selbst sieht sich als «ein Baustein in diesem Puzzle». Dass die deutsche Auswahl nach so einigen Schwierigkeiten zu dieser Einheit zusammen gefunden hat, die sie derzeit in England präsentiert – daran hat die DFB-Ehrenspielführerin «einen großen Anteil», erklärt Mittelfeldspielerin Linda Dallmann. Sie erzählt von einer Art Krisensitzung innerhalb des Teams, «danach wollten alle schnell raus und das sofort umsetzen».

Ihre Kollegin Lena Oberdorf sieht es pragmatisch: «Man weiß, wenn man Probleme hat oder ein paar Tipps braucht, dann kann man zu ihr kommen.» Prinz selbst sagt, sie versuche, «Stimmungen mitzubekommen, zu unterstützen, wo ich kann. Ein offenes Ohr zu haben.»

Tiefenentspannt und völlig frei von Eitelkeiten berichtet die einstige Weltklasse-Stürmerin in dem DFB-Video von ihrer Arbeit. «Wenn der Druck steigt, geht’s eher in meine Richtung, als wenn als easy peasy (kinderleicht) ist. Wenn alles läuft, habe ich eigentlich am wenigsten zu tun.» Sie finde es sehr, sehr spannend, mit den Spielerinnen in den Austausch zu gehen, «wie sie die Dinge empfinden, erklären, wahrnehmen».

Druck in der K.O.-Phase steigt

Mittlerweile seien alle Mannschaften bei der EM fußballerisch und taktisch sehr gut ausgebildet und athletisch. «Da werden die Komponenten, die auf der psychologischen Ebene sind, immer wichtiger», so Prinz.

Auch für Voss-Tecklenburg ist die Teampsychologin eine wichtige Partnerin. «Außerdem passt sie ab und an ein bisschen auf mich auf», verriet sie im Interview der «Frankfurter Allgemeine Zeitung». «Es kommt manchmal vor, dass ich zu viel auf einmal erreichen möchte. Dann ist mein Energiehaushalt im «Overload», und Birgit nimmt mich zur Seite und bringt alles wieder ins Lot.»

Wie Prinz den deutschen Spielerinnen hilft, mit dem Druck im Viertelfinale fertig zu werden, verrät sie natürlich nicht. Grundsätzlich aber sieht sie das so: «Wenn ich Freude an was habe, läuft vieles einfacher. Einfach in der Situation sein, die möglichst genießen. Möglichst wissen, was man kann, dann sollte es eigentlich laufen.»

Von Ulrike John, dpa

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