Polizisten sichern die Anreise von Fußballfans eines gegnerischen Vereins. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stefan Sauer/dpa)

Fußballfans und Polizei erwartet ein vermeintlich ruhiges Bundesliga-Wochenende. In Partien wie Köln gegen Stuttgart, Mainz gegen Leverkusen oder Hertha gegen Dortmund steckt erfahrungsgemäß wenig Krawallpotenzial.

Durchsuchungen und Personalienfeststellungen, wie sie Beamte zuletzt bei den Bremer Ultras präventiv durchgeführt hatten, dürfte es am vierten Spieltag ohne die großen Rivalitäten nicht geben.

Der Vorfall auf der Bremer Auswärtsfahrt nach Wolfsburg hatte Anfang August für Kritik gesorgt. Die Ultras empfanden die polizeilichen Maßnahmen als unverhältnismäßig und kehrten aus Protest wieder in die Hansestadt zurück. Für viele Fans waren die Handlungen der Beamten nur das jüngste Beispiel einer seit Jahren problematischen Beziehung.

Vorwurf: «Willkürlich agierende Staatsgewalt»

Das Verhältnis zur Polizei gilt als «zerrüttet» und «angespannt», wie Fanvertreter Sig Zelt vom Bündnis «ProFans» sowie Thomas Kessen von der Organisation «Unsere Kurve» der Deutschen Presse-Agentur sagten. Ihr Vorwurf: Fußball-, vor allem Auswärtsfans, stehen unter Generalverdacht. Sie seien oft «einer willkürlich agierenden Staatsgewalt» ausgesetzt, sagte Kessen und nannte verschiedene Formen der Provokation: Überdimensionierte Einsatzplanung, unvermitteltes Schubsen sowie der flächendeckenden Einsatz von Pfefferspray.

Die Polizei will von einer Verletzung des Übermaßverbotes nichts wissen und kritisierte stattdessen das Vorgehen einiger Fans. Es sei kaum zu leugnen, dass bestimmte Gruppierungen im Umfeld verschiedener Vereine die Polizei zu ihrem Feindbild erklärt hätten, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, der dpa. «Die Aufgabe der Polizei im Fußballgeschehen ist prinzipiell die gleiche wie bei anderen Anlässen und Lagen im öffentlichen Raum: Gefahrenabwehr und Strafverfolgung.»

Die Vorwürfe der Fanvertreter wies Malchow entschieden zurück. «Die Fans haben selbstverständlich das Recht, ihre Meinung zu äußern. Ob sie polizeiliche Maßnahmen immer richtig zu beurteilen vermögen, steht jedoch auf einem anderen Blatt.» Polizeiarbeit hierzulande sei transparent und juristisch überprüfbar.

Fan-Kritik berechtigt?

Unterstützung erhält die GdP vom Bundesinnenministerium, dem unter anderem die Steuerung und Koordination der Bundespolizei obliegt. «Sportliche Großveranstaltungen und insbesondere Fußballspiele sind zum Teil mit erheblichen Sicherheitsstörungen sowie gewalttätigen Verhaltensweisen durch Fußballfans verbunden», antwortete das BMI auf die dpa-Anfrage, ob die Fan-Kritik gerechtfertigt sei. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sei gesetzlicher Auftrag der Polizei.

Um Auseinandersetzungen rund um ein Fußballspiel zu verringern, sei es daher üblich, mit den Fanbeauftragten der Vereine in Kontakt zu treten. Wie oft es wirklich zum Austausch kommt, ist unklar. In Wolfsburg wurden die Werder-Anhänger jedenfalls überrascht. Die Polizei hatte vor der Partie den Einsatz von Pyrotechnik befürchtet und die Begegnung zu einem Hochrisikospiel erklärt. So begründeten die Beamten zumindest im Nachhinein ihre Durchsuchungsmaßnahmen.

Die Einstufung eines Spiels fußt auf weiteren Faktoren. «Erfahrung und Prognosen, gegebenenfalls Informationen sogenannter szenekundiger Beamter», sagte Malchow. Partien wie das Ruhrderby zwischen Schalke und Dortmund erhielten aus der über viele Jahre gewachsenen Rivalität der organisierten Fangruppen heraus dieses Prädikat.

Wenig Kommunikation, viel Unverständnis

Als Grundlage der Gefahreneinschätzung dient der Polizei auch die oft kritisierte Datei «Gewalttäter Sport». In die Datenbank werden Menschen aufgenommen, gegen die im Rahmen von Sportveranstaltungen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Darüber hinaus werden auch Informationen von Fans gespeichert, gegen die Personalienfeststellungen oder Platzverweise angeordnet wurden.

«Es reicht also, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort war», bemängelte «ProFans»-Sprecher Zelt und verwies auf die Konsequenzen: «Wenn sie dienstlich ins Ausland fahren, kann es sein, dass sie am Flughafen zurückgewiesen werden, weil irgendwo ein brisantes Fußballspiel stattfindet. Wir verlangen, dass die Polizei mehr darüber nachdenkt, was für langfristige Folgen ihre Einsätze haben.»

Ob sich der Umgang der Polizei mit Fußballfans verschärft hat, lässt sich aufgrund der Corona-Krise und der vielen Geisterspielen nur schwer sagen. Fest steht: Das Verhältnis ist zerrüttet und Besserung ist nicht in Sicht. «Es ist so, dass Ultras zur Zeit kaum mit der Polizei reden», berichtete Zelt. Die Kommunikation erfolge meist über Fanbetreuer oder Vereine. Zumindest bei den Ansetzungen an diesem Wochenende dürfte ohnehin wenig Redebedarf bestehen.

Von Jordan Raza und Felix Müschen, dpa

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