Trainiert weiter mit dem VfL Wolfsburg: Max Kruse. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Julian Stratenschulte/dpa)

Nun also Nistkästen. Bundesliga-Fußball darf Max Kruse beim VfL Wolfsburg nicht mehr spielen, aber bei fast allem anderen ist der bekannteste Spieler des Clubs zumindest am Rande wieder dabei.

Beim Training am Vormittag wurde er zeitweise zu den Torwartübungen geschickt. Am frühen Nachmittag unterstützte er dann ein besonderes soziales Engagement des VfL. Einmal im Jahr arbeiten die Spielerinnen und Spieler bei ausgewählten Projekten in der Region mit. Einige teilten im Wolfsburger Krankenhaus das Essen mit aus, andere verschönerten das Außengelände einer Kita. Kruse gehörte gemeinsam mit Nationalstürmerin Alexandra Popp und dem kroatischen Neueinkauf Bartol Franjic zu der Gruppe, die in einer Tierheilpraxis in dem kleinen Örtchen Bokelberge im Landkreis Gifhorn einen Zaun und Nistkästen für Vögel bauten.

Kruse gehört formal zum Team

Der VfL und der frühere Nationalspieler befinden sich in einer Art Schwebezustand, seit der Trainer Niko Kovac und die sportliche Leitung ihm am Tag vor dem 1:0-Sieg bei Eintracht Frankfurt mitteilten, dass er ab sofort kein Spiel mehr für den Club bestreiten werde. Innerhalb Deutschlands oder in eine andere Top-Liga darf er bis zum Winter nicht wechseln. Nach Griechenland oder Saudi-Arabien will Kruse nicht. Und Verhandlungen über eine Auslösung seines bis 2023 gültigen Vertrags lassen sich auch nicht in wenigen Minuten abschließen, denn es geht dabei um eine Abfindung in Millionen-Höhe.

Eine solche Vertragsauflösung «wäre sicherlich hilfreich», sagte Kovac dem «Kicker». «Aber wenn es nicht so ist, dann ist es nicht so.» Also gehört Kruse weiter formal zum Team und hat deshalb auch ein Anrecht, am Training dieses Teams teilzunehmen.

Dass er dort nur noch eine Randfigur ist, machte der Trainingsleiter Kovac am Dienstag schnell klar. Die Aufwärmübungen und das Abschlussprogramm durfte Kruse mit allen anderen absolvieren. Spielformen und taktische Inhalte dagegen nicht. In dieser Zeit half er als einziger Feldspieler beim Torwarttraining mit – und das vor zahlreichen Medienvertretern, die vor allem seinetwegen gekommen waren. «Das war nichts Außergewöhnliches», versicherte Kovac. «Heute hatten wir 21 Feldspieler, dann hat es einen erwischt. Das war der Max, das ist leider so. Hätten wir heute eine andere Übungsform gehabt, wäre er dabei gewesen.» So aber müsse er «in erster Linie mit denen arbeiten, die wir am Wochenende brauchen.»

Kruse, wie er die Ersatztorhüter warm schießt: Diese Bildsprache ist, ob nun bewusst oder unbewusst, auch eine kleine Retourkutsche von Kovac. Denn zu den Hauptvorwürfen des Clubs an Kruse gehört auch, dass dieser sich in den Sozialen Netzwerken sonst selbst ständig inszeniert. Als er zusammen mit seiner Frau eine Videoshow bei YouTube startete oder offen darüber plauderte, für sein Millionengehalt quasi nur vier Stunden am Tag zu arbeiten, nahm er zum Ärger von VfL und VW auch keine Rücksicht auf die angespannte Situation bei seinem Club und dessen Mutterkonzern.

Kult-Trainer stärkt Kovac den Rücken

Der frühere Wolfsburger Meistertrainer Felix Magath hält Kruses Ausbootung deshalb auch für richtig. «Ein Spieler kann so gut sein, wie er will: Wenn er sich nicht einfügen will, dann kann er für den Verein nicht spielen», sagte der 69-Jährige in einem Interview von ran.de. «Ich denke, Niko Kovac wird jedem Spieler das Angebot gemacht haben, mit ihm zu arbeiten und mit ihm erfolgreich zu sein. Wenn dann Spieler im Kader stehen, die eigene Vorstellungen haben und glauben, so gut zu sein, dass sie nur das machen müssen, was sie für richtig halten, hat der Trainer ein Problem.» Kovac habe «alles richtig gemacht» und der VfL müsse «in so einem Fall den Trainer stärken».

Von Sebastian Stiekel (Text), Michael Matthey und Julian Stratenschulte (Foto & Video), dpa

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