Muss bei Schalke bereits wieder gehen: Frank Kramer. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hasan Bratic/dpa)

Der Bus zurück nach Gelsenkirchen fuhr bereits ohne Frank Kramer ab, aus der Ferne schickte der beurlaubte Trainer warme Worte. «Ich bin sehr dankbar, dass ich Teil dieses großartigen Vereins sein durfte», sagte der 50-Jährige am Mittwoch.

Nur zwölf Stunden nach dem 1:5-Debakel im DFB-Pokal bei der TSG Hoffenheim hat der kräftig ins taumelnde geratene FC Schalke 04 den glücklosen Kramer wie erwartet freigestellt – ein Nachfolger wurde zeitgleich nicht präsentiert, könnte aber noch vor dem Wochenende feststehen. 

Das nicht-öffentliche Training am Mittwoch leitete Assistenzcoach Matthias Kreuzer. Mike Büskens, der in der Vorsaison entgegen seiner Ambitionen das Amt des Cheftrainers übernommen und seinen Herzensclub zurück in die Fußball-Bundesliga geführt hatte, soll diesmal keine Ambitionen haben, auch nur übergangsweise auszuhelfen. Wahrscheinlicher als ein nochmaliger Interimsjob für den weiteren Assistenztrainer ist die Verpflichtung eines neuen Cheftrainers noch vor dem immens wichtigen Auswärtsspiel am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) bei Hertha BSC.

«Des FC Schalke 04 nicht würdig»

Fest steht nur eines – und das wusste Kramer selbst schon am Dienstagabend nach dem sportlichen Offenbarungseid in Sinsheim: «So weitermachen? Das geht auf keinen Fall!» Die Verantwortlichen trauten dem 50-Jährigen die Trendwende nicht mehr zu. Zu eklatant waren die Probleme bei den vergangenen fünf Pflichtspielniederlagen in allen Mannschaftsteilen.

«Die Art und Weise» einiger Auftritte sei «des FC Schalke 04 nicht würdig», kritisierte Sport-Vorstand Peter Knäbel. Sportdirektor Rouven Schröder, der sich am Tag seines 47. Geburtstages nach der Pokal-Pleite mit Kramer und anderen Verantwortlichen gegenseitig «die Meinung sagen» wollte, hofft, dass sich der Bundesliga-Vorletzte irgendwie in die WM-Pause retten kann. Bis dahin «müssen wir punkten», forderte Schröder, «um uns im Anschluss bestmöglich auf eine für unseren Verein wegweisende Rückrunde vorzubereiten».

Doch wer soll das Team, in dem es qualitativ an so vielem fehlt, sportlich wieder auf Kurs bringen? «Frank Kramer ist ein armer Hund», hatte Schröder am Dienstagabend vielsagend geäußert: «Wer möchte mit ihm tauschen im Augenblick?» Der Mitte September beim VfL Bochum freigestellte Thomas Reis stünde bereit, mit ihm hatte sich Schalke schon vor der Kramer-Verpflichtung intensiv beschäftigt. Allerdings hat Reis noch einen gültigen Vertrag beim VfL.

Sommer-Neuzugänge enttäuschen

Andere gehandelte Fußballlehrer wie Zsolt Löw oder gar Domenico Tedesco, der aus der emotionalen Verbindung zu seinem Ex-Club nie einen Hehl gemacht hat, sind mehr als fraglich. Ein großes Gehalt können die klammen Knappen ohnehin nicht zahlen, da neben Kramer auch dessen Vorgänger Dimitrios Grammozis weiterhin auf der Gehaltsliste steht. Und in der nächsten Transferperiode muss Schalke jeden Euro zusammenkratzen, um wegen der aktuell nicht vorhandenen Wettbewerbsfähigkeit neue Spieler zu holen.

«Jeder muss sich Gedanken machen, da schließe ich mich mit ein», sagte der für die Transfers zuständige Schröder selbstkritisch. Von den Sommer-Neuzugängen enttäuschen vor allem der völlig überforderte Abwehrchef Maya Yoshida und der wirkungslose Angreifer Sebastian Polter. Vielleicht war es auch ein Fehler, dass der Club bei den möglichen Verpflichtungen der Aufstiegshelden Ko Itakura (jetzt Borussia Mönchengladbach) und Darko Churlinov (FC Burnley) nicht ins wirtschaftliche Risiko gegangen war und sein Abwehr-Juwel Malick Thiaw zum AC Mailand verkauft hat. Der neuformierten Mannschaft fehlt es an Qualität – und scheinbar auch an Zusammenhalt.

Bis zur Winterpause bleibt das Prinzip Hoffnung. Der Trainer fällt als Sündenbock weg, die Spieler stehen in der Pflicht. Das habe er «der Mannschaft auch klar mitgeteilt», verriet Schröder. Mit einer offensiv wie defensiv desolaten Leistung wie gegen Hoffenheim «können wir in Berlin nicht bestehen». Kramer machte der blutleere Auftritt gar «fast sprachlos», für Schalke sei das der Tiefpunkt gewesen: «Schlechter geht’s ja auch nicht.»

Ulrike John und Jörg Soldwisch, dpa

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