Frankfurts Daichi Kamada (r-l), Jesper Lindström und Mario Götze beschweren sich bei Schiedsrichter Sascha Stegemann. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Spät am Abend in den Gängen des Frankfurter Stadions entstand der Eindruck, dass zwei unterschiedliche Bundesliga-Spiele besprochen würden.

Nüchtern und erleichtert analysierten die Profis von Borussia Dortmund ihren 2:1-Sieg mit Spektakel, Glück und dem überragenden Torwart Gregor Kobel. Ein paar Meter weiter polterten die Verantwortlichen von Eintracht Frankfurt gegen das Schiedsrichter-Team, den Videobeweis und ein angebliches «Kasperle»-Theater im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga. Die Wahrheit lag irgendwo dazwischen.

Im «Kölner Keller» offensichtlich falsch eingestuft

«Wenn wir diesen Videoassistenten haben, dann nutzt ihn halt. Wenn ihr ihn nicht nutzt, mein Gott, dann lasst es sein, stampft den Keller ein», forderte Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche umringt von Journalisten. Im Kern ging es um einen Schubser von Karim Adeyemi in der 42. Minute von hinten gegen den einschussbereiten Jesper Lindström, den Schiedsrichter Sascha Stegemann nicht mit einem Elfmeter geahndet, sondern wegen des folgenden Handspiels von Lindström auf Freistoß für den BVB entschieden hatte. Ein offensichtlicher Fehler, wie auch die Dortmunder Profis zugaben.

Dass Stegemann diesen im Sky-Interview zugab, machte die Lage aus Frankfurter Sicht nicht besser. «Wenn ich jetzt die Bilder mit den entsprechenden Kameraperspektiven sehe, muss man klar konstatieren, dass es einen Strafstoß für Eintracht Frankfurt hätte geben müssen», sagte der Referee. Auf dem Feld habe er aber kein klares Foul erkennen können und dies auch dem Videoassistenten in Köln gesagt. «Dort wurde die Situation überprüft und als nicht klar und offensichtlich falsch eingestuft. Deswegen lief das Spiel am Ende des Tages weiter», sagte der 37-Jährige.

Man macht Schiedsrichter zu Kasperle

«Wie kann es da zu einer Diskrepanz kommen?», fragte Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann. «Es muss doch die gleiche Wahrnehmung sein. Wenn wir die Schiedsrichter mit der VAR-Einführung in ihrer Souveränität beeinträchtigen, weil wir sagen, es gibt eine Instanz. Dann muss die Instanz aber auch richtig gucken und ein Signal geben.» Sonst mache man die Schiedsrichter zu «Kasperle».

Während der BVB dank des glücklichen Siegs durch Tore von Julian Brandt (21.) und Jude Bellingham (52.) den Anschluss an die Bayern wahrte, kamen bei Frankfurt viele negative Gefühle zusammen. Verärgerung über vergebene Chancen, Enttäuschung über die Niederlage trotz starker Leistung und ganz besonders der Frust über Stegemann und das Personal in der Kölner VAR-Zentrale, umgangssprachlich der «Kölner Keller». «Jeder hat die Situation gesehen, es ist ein klarer Elfmeter. Der Schiedsrichter wurde hier im Stich gelassen», sagte Trainer Oliver Glasner. «Ich hoffe, es kommt dann wieder in die andere Richtung zurück.»

Adeyemi: «Für mich gar kein Foul»

Die einzig hörbare Stimme, die Stegemanns Entscheidung an diesem eigentlich grandiosen Fußball-Abend stützte, war Sünder Adeyemi selbst. «Für mich gar kein Foul. Ich weiß nicht, gefühlt war ich Körper an Körper mit ihm. Deswegen fand ich, dass es richtig vom Schiedsrichter war», sagte der Stürmer, dem Wut und Frust des Gegners nach eigener Aussage «eigentlich total egal» waren, bei Sport1.

Die Spieler und Chefs der Eintracht, denen auch die zahlreichen vergebenen Chancen von Torschütze Daichi Kamada (26.), Lindström, Mario Götze und Randal Kolo Muani massiv nachgingen, sahen darin die spielentscheidende Szene. «Wir sind die Leidtragenden, an anderen Spieltagen sind es andere. Wir schwächen die Souveränität auf der einen Seite und kommen dann nicht zu einer gerechten Betrachtung. Dem muss man sich mal stellen», sagte Hellmann.

Trezic: «Es war ein glücklicher Sieg»

Das sportliche Spektakel geriet so zur Nebensache. Der Europa-League-Sieger war nicht nur auf Augenhöhe mit dem BVB, sondern über weite Strecken eine Klasse besser. Der überragende Kobel entschärfte zahlreiche Eintracht-Chancen. «Über das Ergebnis bin ich enttäuscht, aber sehr glücklich mit dem Auftritt», sagte Glasner, der nun den Fokus auf das Champions-League-Gruppenfinale bei Sporting Lissabon am Dienstag (21.00 Uhr) legt. Ein Sieg – und die Eintracht überwintert in der Königsklasse.

Der BVB ist mit dem erkämpften Sieg zwar in der Liga an der Eintracht vorbeigezogen, registriert die spielstarken Hessen aber als ernsten Widersacher. «Wenn sie so spielen, werden nicht viele Mannschaften hier gewinnen», sagte Terzic, der Kobel und Torschütze Bellingham explizit hervorhob. Sein Fazit? «Es war ein glücklicher Sieg, aber er war geil.»

Patrick Reichardt und Jana Glose, dpa

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