Bayerns Cheftrainer Julian Nagelsmann umarmt Jamal Musiala bei dessen Auswechslung. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Axel Heimken/dpa)

Warm eingepackt mit Wollmütze und Handschuhen stand Julian Nagelsmann am Morgen nach dem «ganz wichtigen Sieg» beim VfL Wolfsburg gleich wieder in München auf dem Fußballplatz und beobachtete entspannt das Training der Ersatzspieler – und die Fortschritte bei der Comeback-Arbeit von Stürmerstar Sadio Mané.

Das anfangs meisterliche, später wilde und zeitweise sogar noch wacklige 4:2 (3:1) führte zu etwas Lage-Beruhigung beim FC Bayern München nach dem Wochenend-Wirbel um Manuel Neuer.

Spitzenreiter trotz Torwart-Bebens

In der Wolfsburger Arena war natürlich auch Nagelsmann der Causa Neuer nicht entkommen, weder vor noch nach dem Spiel. Zumal das bestenfalls professionelle Verhältnis zwischen Trainer und Kapitän medial in den Fokus rückt. «Ich muss alle zweieinhalb Minuten eine Frage dazu beantworten», stöhnte Nagelsmann irgendwann. Neuers krasse Verbal-Reaktion auf die von Nagelsmann betriebene Trennung von Torwarttrainer Toni Tapalovic erhöht den Druck auf den Chefcoach. Dessen wirkungsvollste Antwort bleiben weiterhin Siege. Die beendete Remis-Serie in der Bundesliga führte dazu, dass die Bayern weiter als Liga-Primus grüßen.

Wie zuvor Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic missbilligte auch Nagelsmann den von Neuer gewählten Weg in die Öffentlichkeit. «Ich hätte das Interview nicht gegeben», sagte der Trainer. Er zeigte Verständnis, dass die Tapalovic-Trennung Neuer «verletzt» habe. Nagelsmann verteidigte sie aber als normalen Prozess im Arbeitsleben: «Du bist als Führungsperson in einem Verein auch manchmal beauftragt, Entscheidungen zu treffen, nicht aus persönlichen Befindlichkeiten, sondern im Sinne der Sache.»

Neuer sei sie sowohl in größerer Runde als auch von ihm «in einem extrem ehrlichen Vier-Augen-Gespräch» erklärt worden. «Ich bin nicht an die Öffentlichkeit gegangen», betonte Nagelsmann. Gegenüber Neuer sehe er «nicht, dass ich in einer Bringschuld bin». Ob Neuer sein Kapitän bleibe, beantwortete er nicht: «Ich weiß, dass das eine spannende Frage ist.»

Nagelsmann sieht sich in unruhigen Bayern-Wochen nicht als Zündler. Er braucht Ruhe vor ganz wichtigen Saisonwochen, die auch über seinen Trainer-Status in München entscheiden werden. «Ich zünde nix an», beteuerte er in Wolfsburg. Neuers öffentlicher Aufschrei ist für den 35-Jährigen darum auch «nicht zuträglich für den Club gewesen, was Ruhe angeht».

Immerhin gelang es Trainer und Spielern in Wolfsburg, den Fokus während der 90 Minuten auf den Fußball zu richten. «Der Sieg steht über allem, mit allem, was so war und ist», sagte Nagelsmann erleichtert. Es sei gelungen, «unsere Arbeit zu machen auf dem Platz», betonte Leon Goretzka am Vorabend seines 28. Geburtstages am Montag. «Am Ende des Tages müssen wir uns auf das Sportliche konzentrieren», äußerte auch Joshua Kimmich.

Nagelsmann: «Jamal spielt wieder ganz befreit»

«Ich finde es immer gut, wenn sich um den FC Bayern etwas rührt», sagte Thomas Müller in typischer Thomas-Müller-Art. Der Ur-Bayer kennt Unruhe beim Rekordmeister seit mehr als einem Jahrzehnt. Aber selbst für den 33-Jährigen war «der Jahresstart bei den Themen, die nicht das Sportliche betreffen, schon ein bisschen zu viel». Entscheidend ist für Müller der Umgang des Teams damit. «Man hat gesehen, dass uns das als Fußball-Mannschaft nicht beeinflussen darf und nicht beeinflusst.»

Das 4:0 im DFB-Pokal in Mainz und das 4:2 nun in Wolfsburg sei die «Beweisführung» gewesen, «auch wenn wir nicht an einem Punkt sind, wo alles flutscht». Aber einiges beginnt wieder zu flutschen. Kingsley Coman, im Champions-League-Finale 2020 der Siegtorschütze gegen Paris Saint-Germain, kommt pünktlich zum Wiedersehen mit seinem Ex-Verein in Schwung. Neuzugang João Cancelo integriert sich im Eiltempo und ist schon jetzt ein Gewinn.

Auch Yann Sommer bewies in Wolfsburg seine Klasse als Neuer-Vertreter. Und allen voran zeigte Magic Jamal Musiala, dass er nach einem kleinen Tief zu Jahresbeginn bereit ist für das Generationen-Duell mit Weltmeister Lionel Messi. Musialas furioses und bestauntes Solo-Tor zum spielentscheidenden 4:1 nach der Gelb-Roten Karte für Kimmich war der finale Beleg dafür. «Jamal spielt wieder ganz befreit», sagte Nagelsmann.

Von Klaus Bergmann und Sebastian Stiekel, dpa

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