Dortmund erlaubt sich, von der Meisterschaft zu träumen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Inmitten der Meisterschaftsträume bei Borussia Dortmund zeigte sich Sportdirektor Sebastian Kehl bei seinem Besuch im ZDF-«Sportstudio» vorbereitet wie ein Musterschüler.

Er habe noch mal nachgeschaut, erzählte der Sportdirektor wenige Stunden nach dem Sprung an die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga: Die Double-Saison 2011/2012 «hat mich selber interessiert». Der BVB habe damals in der Rückrunde kein Spiel verloren, sagte Kehl. «Wenn uns das in dieser Serie auch gelingen sollte, dann könnten solche Bilder wiederkommen.»

Terzic: «Wir sind noch lange nicht fertig»

Bilder, die ihn als Kapitän mit der Meisterschale zeigten, damals noch als Spieler – am Ende einer Saison mit dem Triumph in der Liga und im DFB-Pokal. Wie titel tauglich die Borussia wirklich ist, darüber gab das 1:0 beim Abstiegskandidaten der TSG 1899 Hoffenheim nur bedingt Aufschluss. Aber noch nie ist der BVB in seiner Vereinsgeschichte mit neun Pflichtspielsiegen ins Jahr gestartet. «Wir spielen natürlich um die Meisterschaft mit, das ist klar», sagte Torhüter Gregor Kobel.

Die ausgelassene Freude der Dortmunder nach dem Abpfiff in Sinsheim und das breite Grinsen allerorten verriet, dass der Glaube an den ganz großen Coup wieder ein Stück gewachsen ist. «Weinen tut keiner», sagte Außenbahnspieler Marius Wolf, als er nach der Stimmung beim neuen Spitzenreiter in der Kabine gefragt wurde. «Wir sind natürlich sehr, sehr froh über den Sieg heute, aber wir sind noch lange nicht fertig», kündigte Trainer Edin Terzic beschwingt an.

BVB vor Wochen der Wahrheit

Die Fans besangen natürlich fröhlich die Tabellenführung und auch schon die mögliche Meisterschaft. Terzic dimmte die Begeisterung erst gar nicht herunter, sondern philosophierte bei der Pressekonferenz: «Nicht nur die Fans, sondern jeder Mensch sollte träumen. Weder die Mannschaft noch ich werden fürs Träumen bezahlt. Träumen wird uns nicht helfen, ins nächste Spiel zu gehen und zu gewinnen. Trotzdem werden wir niemand auf dieser Welt verbieten zu träumen.»

Bereits am Freitag (20.30 Uhr) kann das Terzic-Team gegen den Titelrivalen RB Leipzig zeigen, wie reif es wirklich ist. Der Weg im DFB-Pokal führt auch über die Sachsen, die Viertelfinal-Partie steht am 5. April in Leipzig an. Und dann ist da ja noch die Champions League mit dem Rückspiel beim FC Chelsea am 7. Februar. «Das ist jetzt eine sehr, sehr starke Momentaufnahme – man kann sich das aber schnell auch wieder kaputt machen», sagte Torschütze Julian Brandt.

Auch ein Rücken kann verzücken – Brandt überragt

Vor 30.150 Zuschauern – darunter Bundestrainer Hansi Flick – entzückte der Nationalspieler mit seinem Rücken-Tor in der 43. Minute. So lenkte er den Ball nach einem scharf getretenen Freistoß von Marco Reus ins Netz – sein achtes Saisontor und das vierte im vierten Spiel nacheinander. Brandt empfahl sich mit seiner Topform für die bevorstehenden Länderspiele am 25. März in Mainz gegen Peru und am 28. März in Köln gegen Belgien.

«Julian ist ein überragender Fußballer, der uneigennützig spielt, der unglaublich viele Tore vorbereitet, und im Moment macht er auch Tore», lobte der neue DFB-Sportdirektor bei «Bild»-TV. «Er ist auch ein bisschen robuster geworden, ist älter geworden und wird zu Recht in Dortmund abgefeiert.» Und auch die Borussia lobte Völler überschwänglich: «Sie sind stabiler geworden, es gibt keine Umfaller, wenn man mal in Rückstand gerät. Die Dortmunder machen es wirklich top im Moment.»

Die BVB-Bosse wollen den Titel aber – noch – nicht zum großen Ziel erklären, zumindest nicht öffentlich. «Ich und wir sind wirklich viel zu bodenständig, um jetzt im Februar diese Ziele auszurufen, weil wir auch wissen, wie das vor ein paar Wochen aussah», sagte Kehl.

Ulrike John und Jens Marx, dpa

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