Trifft mit dem FC Bayern auf Manchester City: Thomas Tuchel. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ulrich Gamel/Kolbert-Press/dpa)

Trainer Thomas Tuchel strahlte vor dem prickelnden Trainer-Nervenkitzel mit Pep Guardiola viel Zuversicht aus – und auch Hasan Salihamidzic verkörperte im edlen dunklen Königsklassen-Anzug ebenfalls viel Optimismus für den aufreibenden K.o.-Showdown.

Der Sportvorstand des FC Bayern lächelte vor dem Abflug zum Viertelfinal-Spektakel gegen Manchester City in der Champions League, als es um die Münchner Aussichten gegen den Titelfavoriten um Superstürmer Erling Haaland ging.

«Wir wissen, was wir können und haben Selbstvertrauen. Jeder ist top motiviert», sagte der 46-Jährige und appellierte an seine Mannschaft: «Mutig sein!» Am ambitionierten Ziel Halbfinale ändert auch der Ausfall von Eric Maxim Choupo-Moting wegen Kniegelenkproblemen für die Partie am Dienstag (21.00 Uhr/Amazon Prime Video) nichts. «Trotzdem haben wir einen sehr guten Kader», hob der Sportvorstand hervor.

Tuchel mit «riesengroßer» Vorfreude

Das betonte auch Tuchel. «Die Mannschaft hat jedes Recht, selbstbewusst zu sein», sagte der 49-Jährige. «Die Vorfreude ist riesengroß, die Aufgabe ist auch riesengroß. Das ist der Maßstab im Moment, mit dem wir uns messen. Wir wollen auf jeden Fall bestehen.» Bei aller Bewunderung für Guardiola: Ein «Fanboy» sei er aber keineswegs, sondern es gehe um ein gutes Ergebnis.

Als die Münchner die rund zweistündige Reise nach Manchester antraten, hatte Guardiola vor dem Wiedersehen mit seinem Ex-Club die sportlichen Ziele der Engländer erneut untermauert. «Ich will die Champions League gewinnen, aber du musst es dir verdienen. Wir wollen den ersten Schritt gegen einen Elite-Club wie Bayern München gehen», sagte der Katalane. Seiner Serie von acht Pflichtspielsiegen in Folge schenkte der 52-Jährige nicht allzu viel Beachtung. «Es geht um diese 90 oder 95 Minuten ab 21.00 Uhr. Du musst in diesem Moment perfekt drauf sein», forderte Guardiola.

Müller will 100. Königsklassen-Sieg

Am Vormittag hatte Tuchel sein Team um Geburtstagskind Sadio Mané bei der finalen Einheit auf eine Kraftprobe von höchstem Schwierigkeitsgrad eingestimmt. Ohne die vermutlich von Serge Gnabry oder Mané ersetzte Sturmspitze Choupo-Moting wollen die Münchner ihren bisherigen Königsklassen-Durchmarsch gegen die favorisierte City-Übermacht fortsetzen. «Ich freue mich auf die Challenge», erklärte Bayern-Kapitän Thomas Müller vor dem Hinspiel-Spektakel, bei dem er den 100. Sieg in der Champions League bejubeln will.

Und wenn nicht? Dann wird acht Tage vor dem Rückspiel am kommenden Mittwoch zu Hause der Druck auf Neu-Trainer Tuchel und die Bosse noch größer, als er ohnehin ist. Acht Siege in acht Spielen, darunter zwei gegen Paris Saint-Germain um Lionel Messi, lautete die Bilanz unter Ex-Coach Julian Nagelsmann, an die dessen Nachfolger in der Champions League anknüpfen soll. Nach dem Pokal-Schock gegen Freiburg soll es in der Königsklasse erst recht auf dem Weg Richtung Endspiel am 10. Juni in Istanbul weitergehen. «Ich glaube, dass von allen Mannschaften Manchester die stärkste ist», sagte der niederländische Verteidiger Matthijs de Ligt knapp 24 Stunden vor dem Anpfiff.

«Hätte auch ein Finale sein können»

«Gegen Manchester City werden wir noch einmal eine Schippe drauflegen müssen», forderte Vorstandsboss Oliver Kahn nach dem 1:0 in Freiburg und der gefestigten Tabellenspitze. Die ultimative Kraftprobe, auf die sich «die Fußball-Fans auf der ganzen Welt» freuen, ist auch für Kahn & Co. nach dem nachvollziehbaren, aber dennoch riskanten Trainer-Wechsel bedeutsam. «Das ist ein Spiel, das hätte auch ein Finale sein können», sagte Salihamidzic.

Gar nicht «warten» konnte de Ligt, dass endlich die Champions-League-Hymne erklingt. «Das Spiel ist sehr kompliziert», sagte der Niederländer bei aller Vorfreude. «Ich glaube, dass Erling Haaland einer der besten Stürmer der Welt ist.» Man könne ihn nur im Verbund stoppen.

Als das Wiedersehen mit dem früheren Bayern-Coach Guardiola vor gut drei Wochen ausgelost worden war, konnte niemand ahnen, dass es zu diesem elektrisierenden Trainer-Strategiegipfel kommen würde. «Ich glaube, dass relativ klar ist, was City spielt. Man kann deutlich erkennen, dass sechs, sieben Jahre Pep in dieser Mannschaft stecken», sagte Tuchel.

Tuchel mit negativer Bilanz gegen Guardiola

Tuchel reiste einst als aufstrebender Coach und Pep-Anhänger nach Barcelona, um den zusammen mit Messi zum Europapokal-Triumphator aufgestiegenen Guardiola vor Ort zu studieren. Zehnmal spielten beide gegeneinander – und bei insgesamt negativer Bilanz, aber guter K.o.-Ausbeute feierte Tuchel am 29. Mai 2021 im Endspiel mit dem FC Chelsea den größten Triumph gegen Guardiola und City. «Wir sind wieder hier, um es erneut zu versuchen und die Welt wird sich weiter drehen», sagte Guardiola vor dem nächsten Duell.

Diese Niederlage, die auch der katalanische Starcoach durch unerwartete taktische Einfälle maßgeblich mitbeeinflusst hatte, dürfte Guardiola aber lange quälende Gedanken bereitet haben. Der 52-Jährige, der in seiner prägenden Pep-Epoche bei Bayern von 2013 bis 2016 drei Meistertitel und zweimal den DFB-Pokal gewann, möchte nun in einem Viertelfinale de luxe seine positive Statistik gegen Tuchel ausbauen. Es sei das Duell zweier «genialer Fußballtrainer und Schach-Großmeister», sagte Guardiola-Freund und Tuchel-Kenner Michael Reschke. Der einstige Technische Direktor der Bayern war damals dabei, als es bei einem Abendessen «mit Sekt- und Weingläsern, Salz- und Pfefferstreuern hin und her» ging.

«Absolute Waffe» Haaland

In extremen Münchner Tagen, in denen nach dem Knall-auf-Fall-Trainerwechsel alles sitzen muss, ist für solche Anekdoten wenig Platz. Zumal Tuchel über die Besetzung des Angriffszentrums grübeln muss. Anders als Guardiola, den die Rückkehr von Haaland nach einer Leistenverletzung verzückte. «Es ist wichtig, einen Spieler zu haben, der aus dem Nichts Tore schießen kann. Er kam, um uns zu helfen, die Champions League zu gewinnen», sagte Guardiola.

«Eine Pep-Mannschaft mit Haaland ist für mich immer noch eine Pep-Mannschaft. Aber mit Erling haben sie eine absolute Waffe», warnte Thomas Müller. Als dritte Königsklassen-Größe nach Megastar Ronaldo (115) und Real-Ikone Iker Casillas (101) könnte Müller die Schallmauer von 100 Siegen knacken.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

Manchester City: Ederson – Akanji, Ruben Dias, Ake – Stones, Rodri – Bernardo Silva, De Bruyne, Gündogan, Grealish – Haaland

FC Bayern München: Sommer – Pavard, Upamecano, de Ligt, Cancelo – Kimmich, Goretzka – Sané, Müller, Mané – Gnabry

Schiedsrichter: Gil Manzano (Spanien)

Christian Kunz, Jordan Raza und Maximilian Wendl, dpa

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