Brachte eins Thomas Tuchel und Pep Guardiola an einen Tisch: Michael Reschke. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christoph Schmidt/dpa)

Das Champions-League-Highlight zwischen dem FC Bayern und Manchester City ist auch das Trainer-Duell Thomas Tuchel gegen Pep Guardiola.

Michael Reschke, der die beiden einst zu einem legendären Abendessen in München zusammenführte, freut sich allerdings nicht so richtig auf die Partie am Dienstag (21.00 Uhr) in Manchester. «Sagen wir es so: Wenn Bayern München nicht die Champions League gewinnt, dann sollte es City schaffen», sagte der frühere Technische Direktor des FC Bayern im Interview der Deutschen Presse-Agentur. 

Sie kennen Pep Guardiola und Thomas Tuchel sehr gut. Wie sehr freuen Sie sich auf das Spiel? 

Michael Reschke: Ich hätte mich sehr gefreut, wenn die Begegnung das Finale gewesen wäre. Dass der FC Bayern und Manchester City jetzt schon aufeinandertreffen, ärgert mich, weil ein absolutes Topteam ausscheiden muss. Das Hinspiel werde ich mir sehr konzentriert und bewusst im Fernsehen anschauen, beim Rückspiel werde ich vielleicht in München vor Ort sein. 

Zum wem halten Sie denn?

Das ist wirklich eine eigenartige Situation und beschäftigt mich, da ich eine ganz enge Beziehung zu Pep Guardiola habe. Aber die Bindung zum FC Bayern ist natürlich vielfältiger, da ich dort drei Jahre als Technischer Direktor gearbeitet. Es gibt noch wichtige, herzliche Kontakte zu Menschen, die mir nahe sind, und es spielen dort Profis, die maßgeblich wegen mir dort gelandet sind. Sagen wir es so: Wenn Bayern München nicht die Champions League gewinnt, dann sollte es City schaffen. 

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Pep Guardiola und Thomas Tuchel beschreiben? 

Das Verhältnis zu Pep ist enger. Wir haben zwei Jahre beim FC Bayern sehr vertraut und intensiv zusammengearbeitet. Wir treffen uns regelmäßig, wenn ich in England bin oder wie jüngst in Dortmund, als wir am Abend vor dem Champions-League-Gruppenspiel zwei Gläser Wein zusammen getrunken haben. Unser besonderes Verhältnis bedeutet mir sehr viel, weil Pep Freundschaften nicht mit der Gießkanne verteilt. Mit ihm über Fußball oder das Leben zu philosophieren, ist bereichernd. Der Kontakt zu Thomas Tuchel begann in seiner ersten Saison als Bundesliga-Trainer bei Mainz 05. Christian Heidel, der Trainer-Entdecker Nummer 1 in der Bundesliga, hatte ihm überraschend die Verantwortung übertragen und es war von Beginn an beeindruckend, wie Thomas diese Herausforderung meisterte. Wir haben uns dann mehrfach zum Gedankenaustausch getroffen und ebenfalls eine vertrauensvolle Basis gefunden. 

Und als junger Trainer des FSV Mainz hatte Tuchel damals auch das Interesse von Pep Guardiola geweckt, als der in der Saison 2013/14 gegen ihn spielte?

Guardiola war begeistert von diesem jungen Mainzer Trainer, der in Spielen gegen den FCB nicht nur ein vertretbares Ergebnis halten wollte, sondern immer voll auf Sieg spielen ließ und ihn vor taktischen Herausforderungen stellte. Während Tuchels Sabbaticals in der Saison 2014/15 war ich mit Thomas zum Essen verabredet und fragte Pep kurz vorher, ob er mitkommen wollte. Pep organisierte sogar Termine um und freute sich auf unsere Runde. 

Der Abend verlief dann aber ein bisschen anders, als Sie es erwartet hatten? 

Normalerweise besitze ich in solchen Gesprächsrunden auch meine Redeanteile. Aber bei Pep und Thomas blieb mir nur die Zuhörer-Tribüne. Da saßen sich zwei geniale Fußballtrainer, ja zwei Schach-Großmeister, gegenüber und haben auf allerhöchstem Niveau über Fußball, Taktiken und Systeme philosophiert. Ich würde sogar behaupten, es hat wenig inhaltsstärkere Gespräche über Fußball in den letzten Jahren gegeben. Thomas berichtete, dass er als junger Trainer und Pep-Anhänger wiederholt nach Barcelona geflogen war, um Peps Spielsysteme und sein taktisches Agieren zu studieren. Die beiden haben dann über Auf- und Umstellungen oder einzelne Spielsituationen gesprochen, die mehrere Jahre zurücklagen. Pep hatte eine diebische Freude daran, die Gründe für seine Entscheidungen zu erklären. Beide konnten sich an kleinste Details und genaue Spielszenen erinnern, die Jahre zurücklagen. Da ging es dann mit Sekt- und Weingläsern, Salz- und Pfefferstreuern hin und her. Es waren natürlich nicht 22 Spieler auf dem imaginären Platz, dafür war der Tisch zu klein. Es ging immer um einzelne Situationen und Positionsketten und für mich faszinierend den Dialog zu verfolgen. Das Schumann’s war wie üblich voll, aber wir saßen wie unter einer Glocke und waren nur für uns. 

Mit etwas Abstand gab es dann noch ein Abendessen. 

Ja, das war sehr amüsant, weil Peter Hermann, der ja zwei Jahre zuvor als Co-Trainer mit Jupp Heynckes und dem FC Bayern das Triple gewonnen hatte, mit dabei war. Ich erinnere mich noch gut daran, dass Peter den Pep-Thomas-Dialogen oftmals nahezu ungläubig und begeistert folgte. Am nächsten Morgen rief mich Peter dann an und bedankte sich für einen der schönsten Abende, die er im Fußball erlebt habe. Mit einem winzigen Nachteil: Peter erklärte, dass er immer überzeugt gewesen sei, viel von Taktik zu verstehen. Aber nach diesem Abend müsse er einiges überdenken und hätte eine völlig neue Liga erlebt. Tja – es gibt sehr gute Trainer und dann halt eine gute Handvoll außergewöhnlicher Trainer, die das Fußballspiel attraktiver und einzelne Spieler einfach besser gemacht haben. Ich bin sicher, niemand hat in den letzten Jahren, dem Spiel, vielen sehr guten Trainern und Spielern mehr wichtige Impulse gegeben als Pep. Guardiola war nach den beiden Gesprächen übrigens überzeugt, dass Thomas Tuchel sein perfekter Nachfolger beim FC Bayern sein würde. 

Das dauerte dann aber. Stimmt es, dass sie irgendwann auch mal ein Abendessen mit Tuchel und Bayern-Boss Uli Hoeneß organisiert haben? 

Ja, aber dieses Gespräch hatte einen völlig anderen Charakter. Da ging es nicht um Fußball bis ins allerkleinste Detail, sondern vor allem um das persönliche Kennenlernen. Beide waren neugierig aufeinander. Es war ein entspanntes Mittagessen beim Käfer. Damals war Thomas Tuchel noch mehr der ehemalige Trainer des FSV Mainz 05 und eben noch nicht der Erfolgstrainer von Borussia Dortmund, Paris Saint-Germain und dem FC Chelsea. Uli Hoeneß war trotzdem interessiert, ihn kennenzulernen – und es war sehr harmonisch. 

ZUR PERSON: Michael Reschke (65) arbeitete in der Fußball-Bundesliga für Bayer Leverkusen, den FC Bayern, den VfB Stuttgart und Schalke 04. In München lernte er Pep Guardiola näher kennen. Reschke ist «Head of European Football» für die Agentur CAA Stellar Sports.

Christian Kunz, dpa

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