Florian Wirtz küsst nach seinem Treffer zum 1:1-Ausgleich das Bayer-Wappen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Florian Wirtz verteilte nach seinem erlösenden Tor Handküsschen ins Publikum, auf große Feierlichkeiten nach dem Leverkusener Kraftakt gegen den belgischen Außenseiter wollte sich der Jungstar aber nicht einlassen. Immerhin hat Bayer durch das späte Ausgleichstor von Wirtz aber noch alle Chancen auf den Einzug ins Halbfinale der Europa League.

Beim 1:1 (0:0) im Viertelfinal-Hinspiel gegen Union Saint-Gilloise rettete der Nationalspieler mit seinem Treffer acht Minuten vor Schluss zumindest das Remis, was auch den langjährigen Bayer-Sportchef und jetzigen DFB-Sportdirektor Rudi Völler an dessen 63. Geburtstag im Stadion erfreute. Dennoch steht Bayer im Rückspiel in einer Woche in Anderlecht vor einer Menge Arbeit, denn am Donnerstag biss sich die Werkself am belgischen Außenseiter wie schon Union Berlin im Achtelfinale über weite Strecken die Zähne aus.

Wirtz vor Rückspiel zuversichtlich

«Am Ende können wir ein bisschen glücklich sein, dass wir wenigstens ein Unentschieden gemacht haben. Es ist ärgerlich, dass wir in Rückstand gehen. Wir hätten uns eine bessere Ausgangsposition für das Rückspiel erhofft. Ich bin mir sicher, dass wir das Rückspiel gewinnen werden», sagte Wirtz beim TV-Sender RTL und erklärte seinen Optimismus: «Weil wir eine richtig geile Mannschaft haben. Jeder weiß, was es heißt, das Rückspiel zu gewinnen und damit ins Halbfinale einzuziehen. Jeder will das schaffen.» Ein Extra-Lob für Wirtz gab es von Robert Andrich: «Natürlich ist er wichtig für uns, wenn er mit solchen Aktionen Spiele entscheidet.»

Gegner im vierten Halbfinale eines Europacups für Leverkusen nach 1988, 1995 und 2002 wäre entweder der souveräne niederländische Tabellenführer Feyenoord Rotterdam oder der letztjährige Conference-League-Sieger AS Rom mit Trainer José Mourinho. Das Hinspiel gewann Rotterdam zu Hause mit 1:0. Den Führungstreffer für die Belgier hatte der Nigerianer Victor Boniface erzielt (51.), der schon in der Runde zuvor gegen den Bundesliga-Dritten aus Berlin zwei Treffer erzielt und einen vorbereitet hatte.

Furioser Empfang, nervöser Beginn

Wie groß die Euphorie in Leverkusen rund um dieses Spiel war, zeigte sich zwei Stunden vor dem Anpfiff. Einige Tausend Fans hatten den Mannschaftsbus empfangen. Nur mit Mühe konnte sich der Bus den Weg durch die Fans bahnen, eingehüllt in eine Nebelwolke von zahlreichen Pyros. Doch die nur auf einer Position veränderte Bayer-Elf wirkte zunächst eher nervös und fahrig, fabrizierte gegen die robusten Belgier in der Anfangsphase ungewöhnlich viele Abspielfehler. Als erster kleiner Brustlöser diente ein Konter in der 7. Minute, bei dem Amine Adli seinen Kollegen Wirtz schnell bediente und der aus 18 Metern knapp verzog.

Einen kurzen Schockmoment erlebten die Gastgeber in der siebten Minute, als Torhüter Lukas Hradecky sich entweder verschätzte oder ein extrem gutes Auge hatte. Einen harmlosen Aufsetzer von Lazare Amani wollte er über das Tor springen lassen, doch der Ball landete auf der Latte (13.). Eine Viertelstunde später musste Hradecky bei einem Schrägschuss von Boniface dann richtig eingreifen.

Wirtz kontert den Führungstreffer

Nach der anschließenden Ecke hatte Leverkusen gleich doppelt Glück. Zunächst prallte der Ball vom Arm von Jonathan Tah an die Unterkante der Latte, dann entschied der Video-Schiedsrichter nach Ansicht der Bilder, dass das Handspiel nicht elfmeterreif war. Nun mehrten sich die Torchancen, auch für die Werkself. Doch Moussa Diaby verzog zweimal knapp (30./45.+1), Piero Hincapié köpfte bei der größten Gelegenheit am langen Pfosten aus zwei Metern und spitzem Winkel daneben (40.). Insgesamt bekämpften die Belgier die Stärken des Bundesligisten aber gut. Beispielhaft dafür war es, dass Jeremie Frimpong und Diaby auf Bayers starker rechter Seite ihre Schnelligkeit kaum ausspielen konnten.

Und dann fiel das Tor tatsächlich auf der Gegenseite, als der starke Boniface den Ball aus zehn Metern ins lange Eck schlenzte. Bayer rannte nun an, aber zunehmend wild und hektisch, was die disziplinierten Gäste selten vor große Probleme stellte. In der Schlussphase gelang dann aber doch der erlösende Ausgleichstreffer, als Wirtz mit einem Distanzschuss genau zielte.

Holger Schmidt, dpa

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