Bayerns Trainer Thomas Tuchel will mit seiner Mannschaft im Titelkampf vorlegen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Ein ziemlich entspannt wirkender Thomas Tuchel hatte vor der großen Meisterprüfung des FC Bayern im engen Titelrennen mit Borussia Dortmund sogar die Muße für Scherze. Rund um das Münchner Abschlusstraining gab es ein Wiedersehens-«Hallo» von Thomas Müller und Co. mit Wembley-Held Arjen Robben, der fit wie eh und je an der Säbener Straße aufkreuzte.

Und Tuchel bemerkte im Anschluss: «Ich habe versucht, ihn zu überzeugen für morgen.» Robbens spezielle «Aura» hätte Tuchel gerne auf dem Platz: «Jeder Fußballer kann sich eine Scheibe von Arjen Robben abschneiden.»

Am Samstag (18.30 Uhr/Sky) werden es die Bayern im letzten Heimspiel der Saison freilich ohne den inzwischen 39 Jahre alten Robben schaffen müssen, im knisternden Fernduell mit den hinter ihnen lauernden Dortmundern ein letztes Mal erfolgreich vorzulegen. «Für uns zählt nur der Sieg», sagte Tuchel, der eindringlich vor der bestens bekannten Offensiv- und Konterstärke der Leipziger warnte. Nerven bewahren ist für die Münchner Serienmeister im ungewohnt engen Titelkampf angesagt: «Die Tabellensituation ist keine Routine», merkte Tuchel an. Das Münchner Minimalziel am 33. Spieltag lautet, den Ein-Punkte-Vorsprung auf den BVB in die letzte Bundesliga-Runde mitzunehmen.

Die Dortmunder müssen zunächst wieder ohnmächtig vor dem Fernseher ausharren und hoffen, dass ausgerechnet ihr Ex-Coach Marco Rose mit seinem RB-Team Schützenhilfe leistet. Denn die Borussia ist auch am vorletzten Spieltag nicht zeitgleich, sondern wieder erst einen Tag später beim FC Augsburg im Einsatz. Trainer Edin Terzic genießt den Titel-Showdown. «Das ist etwas, was es hier lange nicht mehr gab. Dass wir vor dem 33. Spieltag noch das ganz große Ding erreichen können. Darüber freue ich mich jeden Tag. Dass die Fahnen wieder in den Vorgärten hängen», sagte der 40-Jährige.

Glaube an die eigene Klasse kehrt zurück

Es könnte freilich passieren, dass der Titelkampf plötzlich schon am Sonntagabend entschieden ist. Nämlich dann, wenn die Bayern gewinnen und die Borussia in Augsburg verlieren sollte. Schon ein Unentschieden wäre praktisch zu wenig, wenn man die klar bessere Münchner Tordifferenz einrechnet. Couch-Meister? Tuchel würde auch diese emotional gedämpfte Titel-Option sofort annehmen. «Ich habe überhaupt kein Problem damit, wie es passiert. Hauptsache, es passiert!» 

Dass es passiert, daran glauben Tuchel und seine Spieler nach drei Siegen am Stück wieder deutlich mehr als in den holprigen Wochen nach dem Trainerwechsel. «Man merkt es uns an, wir gewinnen Spiele verdient», sagte Tuchel zum Aufschwung. Der Glaube an die eigene Meisterklasse kehrt zurück. «Leipzig ist eine Supermannschaft», sagte Thomas Müller. Der Bayern-Kapitän merkte nach dem jüngsten 6:0 gegen Schalke aber auch an: «Ich glaube, wir sind schon gefestigter, als man meint.» Das ist auch dem Coach des Gegners aufgefallen. «Das Selbstverständnis kommt bei den Bayern langsam zurück», sagte Leipzigs Rose. 

Torwart Sommer wieder fit

Tuchel könnte wieder die extrem offensive Schalke-Startelf aufbieten, nachdem auch Torwart Yann Sommer rechtzeitig einen Magen-Darm-Infekt überwunden hat. Zumal vorn die Torproduktion auch ohne klassischen Mittelstürmer wieder angesprungen ist. Es gibt nicht nur Thomas-Müller-Spiele. Es können auch Serge-Gnabry-Spiele, Jamal-Musiala-Spiele oder Leroy-Sané-Spiele sein. Gnabry hat in den letzten drei Partien viermal getroffen. Bei Musiala kehrt die Magie zurück. Und auch Sané taugt wieder zum Spiele-Entscheider. 

Tuchel könnte aber auch vorsichtiger aufstellen. Ein zweiter Sechser – Leon Goretzka oder Ryan Gravenberch – neben Joshua Kimmich? Müller womöglich wieder raus? «Seine Energie auf dem Platz zu haben, ist immer gut», bemerkte Nationalspieler Musiala zur Bedeutung Müllers. Auch RB-Coach Rose schwärmte vom Bayern-Urgestein. Müller habe «eine brutale Mentalität». Der 33-Jährige sei «die Verkörperung vom Münchner Mia san mia».

Terzic muss in Dortmund keine Marco-Reus-Debatten moderieren, obwohl der Kapitän aktuell nur die Rolle des Edel-Jokers einnimmt. Er muss sich eher überlegen, wer den am Knie verletzten Jude Bellingham ersetzen könnte. Der BVB-Coach sah sich vor der «unangenehmen Aufgabe» in Augsburg aber vor allem mit der Auswärtsschwäche seines in der Fremde seit vier Partien sieglosen Teams konfrontiert. «Ich habe ein Problem damit, uns eine Auswärtsschwäche anzudichten», sagte Terzic zum Negativtrend, der im Falle eines Bayern-Sieges gestoppt werden muss. Das weiß auch Terzic, wie sein Wort zum Sonntag belegte: «Wenn wir unser großes Ziel erreichen wollen, brauchen wir sechs Punkte. Dazu gehören auch die drei Punkte in Augsburg.» 

Von Klaus Bergmann und Heinz Büse, dpa

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