Leverkusens Torschütze Alejandro feiert seinen Treffer. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Die Bierzelt-Rechnung von Thomas Tuchel geht schon nach der ersten Runde nicht mehr auf.

Der 50 Jahre alte Asket ist kein Wiesn-Fan – und Bier trinkt er auch nicht. Doch zur idealen Einstimmung «auf einen ordentlichen Oktoberfestbesuch» und die obligatorische Maß zum Anstoßen mit seinen Spielern am kommenden Sonntag hatte der Trainer eine «Vorarbeit» mit drei Siegen im Heimspiel-Triple gegen Bayer Leverkusen, Manchester United und den VfL Bochum sich nicht nur gewünscht, sondern gefordert.

Nur Unentschieden gegen Bayer

Nun ist seit Samstag «o’zapft» in München – aber nach dem 2:2 im rassigen Spitzenspiel gegen starke Leverkusener herrschte beim FC Bayern eher verhaltene Katerstimmung. «Ich muss das erstmal verdauen», sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen. Die verpasste Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga, aber vor allem der Last-Minute-Elfmeter für Bayer zum durchaus verdienten 2:2-Endstand sorgten (noch) nicht für Feierlaune.  

Der verpasste Wechsel an der Tabellenspitze nach dem 4. von 34 Spieltagen war für die Bayern zu verkraften. Die wichtigere Erkenntnis der Kraftprobe war aus Sicht der Münchner Serienmeister, dass da in Leverkusen unter der Anleitung von Trainer Xabi Alonso ein Bayer-Team heranreift, das zu einem echten Herausforderer im Titelkampf heranzureifen scheint.

Fehlende Konstanz über 90 Minuten

«Hauptkonkurrent weiß ich nicht, Konkurrent mit Sicherheit», antwortete Leon Goretzka, ob die Leverkusener der größte Widersacher seien. Tuchel hatte «keine schlaue Antwort» auf dieselbe Frage. Er suchte über das Wochenende eher nach Antworten darauf, warum sein Starensemble einfach nicht über 90 Minuten konstant performen kann. «Wir haben uns wieder sehr schwergetan, das Niveau zu halten», sagte Tuchel nach dominanten 20 Anfangsminuten, zweimaliger Führung durch Harry Kane und Leon Goretzka, aber eben auch für ihn rätselhaften «Wellentälern». Die schleichen sich immer wieder ins Bayern-Spiel ein. 

Bayern-Konkurrent Bayer scheint schon weiter zu sein. «Sehr gute Mannschaft, klare Handschrift, guter Trainer», äußerte Tuchel wertschätzend über das Team von Xabi Alonso, das durch Freistoß-Kunstschütze Alejandro Grimaldo und Elfmeterschütze Exequiel Palacios in der Nachspielzeit zweimal zurückschlagen konnte. Ex-Bayern-Spieler Alonso sprach stolz von «einer sehr erwachsenen Leistung». Noch vollgepumpt mit Adrenalin tönte der herausragend haltende Torwart Lukas Hradecky: «Wir bleiben Nummer eins! Wir haben den härtesten Härtetest bestanden! Die hatten ein bisschen Schiss vor uns!»

Muffe vor Bayer «Vizekusen» hatten und haben sie bei Bayern natürlich nicht. Aber Respekt. «Bisher zeigen sie schon, warum sie da oben stehen», sagte Thomas Müller. Die Bayern nervte in dem Hochintensitäts-Spitzenspiel mit wilden Aufs und Abs, massenhaft Chancen und mehreren emotionalen Wendepunkten aber vor allem der Schiedsrichter.  

Strittiger Elfmeter

Müller erzürnte dabei besonders der «sehr, sehr softe Elfmeter» nach dem Zweitkampf zwischen Alphonso Davies und dem dankbar fallenden Jonas Hofmann im Strafraum. «Leverkusen wird sagen, super Schiedsrichter-Pfiff, klares Foul. Wir spielen aber schon noch Kontaktsport», grantelte Müller. Schiri Schlager war bei Ansicht der TV-Bilder dagegen «relativ schnell klar», dass er dem Hinweis von Video-Referee Matthias Jöllenbeck folgt. 

Tuchels wutentbrannter Assistent Zsolt Löw sah nach dem Anpfiff die Rote Karte. Auch Tuchel hatte sich während des Spiels mehrfach echauffiert, die Gelbe Karte erhalten und sprach angesichts des Freistoßpfiffes vor dem 1:1 sogar von «zwei fragwürdigen Entscheidungen gegen uns». Er bewertete das Unentschieden zwar als «faires Ergebnis», interpretierte es aber ob des Spielverlaufs auch so: «Wenn du so spät das Führungstor erzielst, kannst du auch mal aus einem gerechten Unentschieden drei Punkte mitnehmen.» 

FCB am Mittwoch in der Champions League

Viel Zeit zum Hadern und Ärgern blieb aber nicht. Die Oktoberfest-Wochen sind schließlich prall gefüllt. Am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) geht die Champions League los – und das gleich mit einem Klassiker gegen Manchester United. «Wir versuchen jetzt, dafür die Körner wieder zu sammeln. Und dann legen wir wieder los», kündigte Kapitän Müller an. Englands Rekordmeister verlor am Samstag in der Premier League gegen Brighton & Hove Albion mit 1:3. Scheint so, als ließe sich da etwas für die Wiesn-Vorfreude beim FC Bayern machen.

Von Klaus Bergmann und Christian Kunz, dpa

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