Wolfsburgs Sportdirektor Ralf Kellermann fordert mehr Spiele in großen Stadien in der Frauen-Bundesliga. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Moritz Frankenberg/dpa)

Giulia Gwinns Malheur passte zum missratenen Bayern-Abschluss in der Bundesliga. Gegen Aufsteiger Nürnberg sollte die Fußball-Nationalspielerin eingewechselt werden, bemerkte dann aber, dass unter ihrer langen Trainingshose die kurze fürs Spiel fehlte.

Am Ende der 90 Minuten hatte der krasse Außenseiter aus Franken beim 1:1 allen Münchnerinnen die Lederhosen ausgezogen, wie es so schön heißt, wenn der deutsche Meister unerwartet stolpert. Der Liga tut das gut. Mehr Spannung verspricht mehr Fans, die es braucht, damit der Boom im Fußball der Frauen trotz des WM-Debakels anhält. Wieder winkt eine Rekordsaison: vor der Winterpause liegt der Schnitt bei 2990 Fans pro Spiel. In der Vorsaison waren es am Ende 2723.

Kurioserweise freut sich über Spiele wie jenes beim Vorletzten Nürnberg auch Bayerns Frauenfußball-Chefin Bianca Rech: «Das Niveau innerhalb der Liga hat sich ein stückweit verändert. Es ist etwas ausgeglichener geworden», sagte sie der dpa. Es sei schwerer, Spiele zu gewinnen als in den Vorjahren, findet die 42-Jährige, «weil die Qualität der anderen Teams sich verbessert hat. Die Mannschaften sind besser ausgebildet, taktisch besser ausgebildet. Entsprechend werden Spiele immer schwieriger. Das Ergebnis ist nicht schon im Vorhinein in Stein gemeißelt. Das macht die Liga attraktiver.»

Die Frauen-Bundesliga entwickelt sich weiter

Warum dem Tabellenzweiten daran gelegen ist, Spiele wie in Nürnberg mal vergeigen zu können, erklärte Rech auch: «Wir wollen als Liga attraktiv bleiben. Nur so können wir weiterhin Spielerinnen für den FC Bayern begeistern.» Zuletzt hat das geklappt, in Pernille Harder und Magdalena Eriksson kamen zwei Top-Spielerinnen vom FC Chelsea, im Jahr zuvor Georgia Stanway von Manchester City. Dass die Liga sich weiterentwickelt, steht für Rech fest, ebenso das Tempo: «Es wird vermutlich schnell gehen, rasend schnell gehen.»

Sportdirektor Ralf Kellermann von Tabellenführer VfL Wolfsburg sieht Spiele in großen Stadien dafür als unabdingbar an. «Die Clubs sind gefordert, für ausgewählte Highlight-Spiele weiterhin in große Arenen umzuziehen. Man sieht ja, dass es funktioniert, auch abseits der sportlichen Top-Spiele», sagte der 55-Jährige der dpa und verwies auf die Partie Werder Bremen gegen Köln. Dabei kamen 21 508 Zuschauer ins Weserstadion – bisheriger Höchstwert in dieser Spielzeit.

Bis zum Jahresabschluss mit dem zehnten Spieltag am vergangenen Wochenende wurden insgesamt fünf Begegnungen in Stadien ausgetragen, wo normalerweise Männer spielen. Werder weist auch wegen des Highlight-Spiels gegen Köln den höchsten Zuschauerschnitt der Bundesliga aus (6791). «Die Zuschauerzahlen haben sich nach der Rekordsaison 2022/2023 auf einem hohen Niveau stabilisiert, die TV-Reichweiten sind ebenso positiv», sagte Kellermann. Als sein VfL bei den Bayern gastierte, erzielte die Partie mit 10,5 Prozent den bislang besten Marktanteil der Saison. 1,55 Millionen Zuschauer hatten das Topduell im ZDF verfolgt.

TV-Sichtbarkeit weiter erhöhen

Hinter den beiden Meistern der vergangenen elf Jahre überraschte vor allem die SGS Essen als Tabellenfünfter. Das Konzept, auf junge Fußballerinnen zu setzen, ging beim letzten reinen Frauenfußball-Verein der Liga voll auf. Angst vor einer Verdrängung durch Clubs mit einem Männer-Mutterverein und mehr Finanzkraft hat Geschäftsführer Florian Zeutschler nur bedingt. «Wir haben 20 Jahre Bundesliga in Folge hinter uns, wir wollen auch die nächsten 20 Jahre in der Liga verbleiben. Das wird nicht einfacher, aber es war noch nie einfach.» 

Entscheidend sei bei allen Investitionen «auch eine wirtschaftlich solide Arbeit. Da dürfen wir zu Recht sagen, dass wir ein gutes Beispiel für andere sind.» Es müsse eine Regelung geben, «dass wir im Frauenfußball – wenn wir ihn weiter mit gewissen Werten wachsen lassen möchten – nicht die gleichen Fehler machen, die es im Herrenbereich gibt», fordert Zeutschler.

Wachstum bedeutet für ihn auch, über eine Erweiterung der Liga von zwölf auf 16 Teams nachzudenken: «Mein Wunsch ist eine größere Liga, um einfach sportlich mit der Frauen-Bundesliga mehr Sichtbarkeit zu schaffen.» Damit könnte er auch in Wolfsburg oder München auf offene Ohren stoßen – obwohl den Bayern dann noch öfter die Lederhosen ausgezogen werden könnten.

Ulrike John und David Joram, dpa

Von