Bayern-Star Harry Kane besucht den Fanclub «Die Roten» in Kirchweidach. (Urheber/Quelle/Verbreiter: -/Jens Niering/dpa)

Thomas Tuchel durfte sich nach dem Coman-Schock wenigstens darüber freuen, dass Harry Kane beim Maßkrug-Wettbewerb und Hämmern unverletzt blieb. Tiefenentspannt nach dem Sieg in Augsburg plauderte der Münchner 100-Millionen-Stürmer beim Crashkurs in Brauchtum in der oberbayerischen Idylle – auch über den Leverkusener Patzer.

«Das war gut für uns. Wir müssen fokussiert bleiben, wir glauben an uns selbst», sagte der 30-Jährige im für den prominenten Gast von Kirchweidach in «Kaneweidach» umgetauften Örtchen. Im Titelkampf dürfen sich für einen erfolgreichen Münchner Ausgang aber nicht noch mehr Stars verletzen. Die Neuverpflichtung von Außenverteidiger Sacha Boey für rund 30 Millionen Euro von Galatasaray Istanbul konnte den Schock über den Innenbandriss im Knie von Kingsley Coman nicht vergessen machen.

Erster Titel für Kane

Der in seiner großen Karriere noch meisterschaftslose Kane nahm aus dem Landkreis Altötting nach dem Sieg in einer bayerischen Mini-Olympiade mit Maßkrug schieben und Nägel einschlagen lachend eine Schnupftabakkanone als Trophäe mit nach Hause. Die Chance, in der Fußball-Bundesliga nach dem 0:0 der Werkself gegen Mönchengladbach wieder aus eigener Kraft an die Spitze kommen zu können, bescherte Kane & Co. bei den traditionellen Fanclubbesuchen eine Extra-Portion Beifall.

Auch Tuchels Laune war besser. Nachdem der Coach beim 3:2 in Augsburg zwischendurch noch lautstark geschimpft hatte, strahlte er beim umjubelten Empfang der Red Stars in Heidenheim. Den Disput hatte er da schon längst abgehakt. «Nicht so gut, aber auch nicht so schlimm», sagte der 50-Jährige im ZDF angesprochen auf sein «Bist du behämmert»-Wortgefecht mit dem Augsburger Sportdirektor Marinko Jurendic.

Coman-Verletzung trübt Stimmung

Den nächsten Verletzungsschock nach dem Aus für Coman hatte Tuchel bei seinem Besuch in Heidenheim indes noch nicht hinter sich gelassen. Der immer wieder von Verletzungen gestoppte Franzose fehlt wie weitere Stammkräfte wochenlang. Zwei Wochen vor einem Titel-Showdown in Leverkusen muss sich Tuchel über eine kreative Formation ohne die verletzten Coman, Joshua Kimmich, Konrad Laimer, Dayot Upamecano und Serge Gnabry Gedanken machen. Minjae Kim und Noussair Mazraoui weilen derzeit bei Asien- und Afrika-Cup. 

«Viel darf nicht mehr passieren, das ist klar», sagte Sportdirektor Christoph Freund. «Wir haben qualitativ gute Spieler, aber es fallen auch viele aus.» Eigentlich seien die Transferplanungen für den Winter abgeschlossen gewesen, sagte der 46-Jährige. Und nun?

Boey soll in Defensive weiterhelfen

Die Verpflichtung von Boey ist eine Antwort auf den Engpass in der Defensive. Der als künftiger Münchner Sportvorstand gehandelte Max Eberl sah von der Tribüne aus in Augsburg, dass sich die unheimliche Personalmisere seines ehemaligen und vielleicht Bald-Wieder-Clubs durch die Coman-Verletzung auch offensiv fortsetzte.

«Es ist wie verhext aktuell, dass wir jedes Spiel mit einem Verletzten rausgehen», sagte Thomas Müller, der trotz der personellen Notlage erst sehr spät eingewechselt wurde und dann auch noch einen Foulelfmeter verursachte. «Wir sind froh, dass wir wieder an der Tabellenspitze dran sind. Mehr zählt aktuell nicht. Wir sind eh eine kleine Gruppe, deshalb müssen wir zusammenhalten.»

Neuer-Ansage: Von alleine geht gerade nichts

In einem turbulenten Derby mit mehreren richtungsweisenden VAR-Entscheidungen und zwei Elfmetern hielten die Bayern zusammen. Kimmich-Ersatz Aleksandar Pavlovic mit seinem Premierentor, Alphonso Davies und nach der Mini-Flaute von zwei Spielen auch wieder Kane trafen. Der Weg zum Titel sei aber noch sehr weit, sagte Kane, der zu den Klängen von Jingle Bells auch bei einem «Harry-Kane-Song» mit einstimmte.

Nicht nur die beiden Gegentore von Ermedin Demirovic dokumentierten, dass das Bayern-Gebilde fragil ist. «Diese lockeren Spiele in der Bundesliga gibt es für uns jetzt erstmal nicht», sagte Kapitän Manuel Neuer, der einen von ihm verschuldeten Strafstoß beim Stand von 3:1 parierte. «Es läuft jetzt nichts von allein für uns, wie wir es gewohnt sind gegen Mannschaften, die wir vielleicht auch mal mit drei, vier Toren abschießen.»

Neuer setzt darauf, «dass die Ausfallzeiten nicht so lange sind». Gerade mit Blick auf das Leverkusen-Highlight am 10. Februar und das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei Lazio Rom vier Tage später. Bis dahin soll sich der 23-jährige Franzose Boey, für Freund ein «Wunschspieler», eingelebt haben. Er ist nach Abwehrspieler Eric Dier (Tottenham Hotspur) der zweite Winter-Neuzugang.

Von Christian Kunz und Martin Moravec, dpa

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