Die deutschen Fußballerinnen waren nach der Niederlage in Frankreich schwer enttäuscht. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Um die ärgerliche und vielleicht folgenschwere Niederlage von Lyon aus den Köpfen zu bekommen, könnte Sara Däbritz ihren Kolleginnen im Nationalteam in den kommenden Tagen als Fremdenführerin bei einem Ausflug helfen. Die Mittelfeldspielerin von Olympique kennt sich natürlich aus im geschichtsträchtigen Lyon am Zusammenfluss von Rhône und Saône. Und erst am Dienstag fliegen Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch und die deutschen Fußballerinnen gen Heerenveen, wo sich gegen die Niederlande nun die letzte Olympia-Chance für Paris bietet.

Nach der 1:2 (0:2)-Niederlage gegen Frankreich im Nations League-Halbfinale müssen sich die DFB-Frauen erst wieder aufrappeln. «Extrem bitter» und «sehr, sehr ärgerlich» fand Rechtsverteidigerin Giulia Gwinn den Ausgang der Partie, die bei einem Sieg das Ticket für Paris beschert hätte. Die Elfmetertorschützin vom FC Bayern drückte es ziemlich deutlich aus: «Wir waren in der ersten Halbzeit nicht mutig genug, wir haben ein bisschen Angsthasenfußball gespielt.»

Im Spiel um Platz drei am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) gegen die Niederlande, die den Weltmeisterinnen aus Spanien mit 0:3 unterlagen, muss die Hrubesch-Auswahl nun gewinnen. Sonst muss das DFB-Team, das 2016 unter anderem mit Alexandra Popp in Rio noch Gold gewonnen hatte, in Paris zum zweiten Mal hintereinander nach Tokio bei Sommerspielen zuschauen. Für den Deutschen Fußball-Bund wäre das ein halbes Jahr nach dem WM-Debakel von Australien ein weiterer herber Rückschlag.

Popp fordert: «Alles rausholen»

«Ich bin erst mal froh, dass wir die Chance noch haben. Klar hätten wir den Sack irgendwie heute schon zumachen können», sagte Kapitänin Popp vom VfL Wolfsburg. «Aber es ist jetzt, wie es ist, und wir müssen wirklich alle Kräfte bündeln, und uns muss klar sein, dass wir von der ersten bis zur letzten Minute alles rausholen müssen.»

Die Vize-Europameisterinnen und Hrubesch sparten nicht mit Selbstkritik. «Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht», sagte Hrubesch. Vor 30 267 Zuschauern im Groupama Stadion kassierte das deutsche Nationalteam kurz vor der Pause zwei Gegentore durch Kadidiatou Diani (40. Minute) und Sakina Karchaoui per Foulelfmeter (45.+4). Gwinns verwandelter Handelfmeter (82.) kam zu spät.

«Wir haben eigentlich zu spät angefangen. Das zweite Tor hat uns ein bisschen den Hals gebrochen», kommentierte Hrubesch in drastischen Worten. «Heute sieht’s scheiße aus. Aber ich glaube, wenn wir das mitnehmen und im nächsten Spiel effizienter sind, mehr dran sind, vielleicht ein Ticken mehr wollen – dann können wir auch einige Tore schießen», sagte die Münchner Angreiferin Klara Bühl.

Lücke im offensiven Mittelfeld

Auch der erfahrene Hrubesch dürfte seine Lehren aus der schwachen ersten Halbzeit gezogen haben. Da klaffte hinter der Doppelspitze mit Popp und der weitgehend wirkungslosen Lea Schüller eine Lücke im offensiven Mittelfeld seines 4-4-2-Systems, da Lena Oberdorf und Sjoeke Nüsken stark in die Defensivarbeit eingebunden waren. Als Hrubesch nach der Pause die spielstarken Däbritz und Sydney Lohmann (FC Bayern) brachte, lief es sichtlich besser.

Der 72-Jährige hofft nun auf einen letzten Kraftakt im Kampf um die Olympia-Teilnahme. «Auf der einen Seite glaube ich an sie», sagte er über seine Spielerinnen. «Auf der anderen Seite haben sie alle Qualitäten, aber sie müssen alles dafür tun. 90 Prozent reichen nicht.» Wenn die Vize-Europameisterinnen von 2022 den Niederlanden ebenfalls unterliegen, wäre auch die zweite kurze Amtszeit von Hrubesch zu Ende.

Der Deutsche Fußball-Bund ist nach Angaben seiner neuen Sportdirektorin Nia Künzer für alle Szenarien gewappnet. «Natürlich wollen wir alles daran setzen, dass uns Horst in den nächsten Wochen und Monaten erhalten bleibt», sagte Torhüterin Merke Frohms. «Wir wollen da alle unbedingt hin. Nicht nur für Horst, sondern weil es ein so großer Traum ist für jede Sportlerin. Von daher könnte die Motivation gar nicht größer sein.»

Von Ulrike John, dpa

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