Soll neuer Bayern-Trainer werden: Vincent Kompany. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Richard Sellers/PA Wire/dpa)

Wie weit man bei Vincent Kompany im Kandidaten-Alphabet des FC Bayern nach hinten spulen muss, kann zumindest dem Trainer-Newcomer ziemlich egal sein. Der ehemalige Bundesliga-Verteidiger des Hamburger SV kommt jedenfalls in der Münchner Trainer-Rangliste erst weit nach der gescheiterten 1A-Lösung Xabi Alonso, der mit Bayer Leverkusen gerade erst eine herausragende Saison mit dem Double krönen konnte.

Kompany, Belgier, 38 Jahre alt, seit 2020 Cheftrainer, erst beim RSC Anderlecht in Belgien, dann beim FC Burnley in England, kann eine sich abzeichnende Anstellung beim deutschen Fußball-Rekordmeister aber als Riesenchance begreifen.

Den Segen des an der Isar weiter verehrten Pep Guardiola hat er. Und dass die Münchner unter Thomas Tuchel in dieser Saison erstmals seit 2012 ohne einen einzigen Titel blieben, kann man sogar als vielversprechende Ausgangsposition umdeuten.

Nagelsmann: Titellose Bayern-Saison als Chance für Kompany

«Das ist auch keine schlechte Situation für einen jungen Trainer wie ihn», bemerkte Bundestrainer Julian Nagelsmann vor dem DFB-Pokal-Finale zwischen Leverkusen und Kaiserslautern (1:0) im Berliner Olympiastadion am Samstag. Kompany könne auf dieser Grundlage seine eigenen Fußstapfen im Verein hinterlassen.

Nagelsmann war ja sogar Tuchels Vorgänger beim FC Bayern. Zwischen Juli 2021 und März 2023 hat er selber versucht, seine Fußstapfen an der Isar zu hinterlassen. Im aktuellen Rekrutierungsprozess der Bayern war auch er dabei, rangierte dem Vernehmen nach auch knapp hinter Xabi Alonso und damit deutlich noch vor der Risikolösung Kompany. Dessen Unterschrift in München unter einen Vertrag bis Ende Juni 2027 wird nun fix erwartet.

Guardiola hat «eine ganz große Meinung von ‚Vinny’»

Dieser könne bei den Bayern mehr verändern, als wenn die Münchner doch wieder Meister geworden wären, meinte Nagelsmann. Der Bundestrainer räumte aber gleichzeitig ein, den Belgier nicht besonders gut oder persönlich zu kennen. «Ich habe gehört, dass er ein sehr guter Trainer ist mit einer herausragenden Perspektive und mit vielen guten Trainern, die er selber gehabt hat und die ihn ausgebildet haben», sagte Nagelsmann: «Von daher, glaube ich, wird er das gut machen.»

Einer von Kompanys Ausbildern war Pep Guardiola. Drei Jahre bis zum Sommer 2019, ehe der Innenverteidiger als Spieler-Trainer nach Anderlecht weiterzog, arbeitete der geniale spanische Coach mit dem früheren Verteidiger des Hamburger SV bei Manchester City zusammen. «Ich habe eine ganz große Meinung von ‚Vinny‘. Es spielt dabei keine Rolle, ob er mit Burnley abgestiegen ist», sagte Guardiola. «Ich habe eine große Wertschätzung für seine Arbeit, wegen seiner Persönlichkeit und seinem Wissen über das Spiel, wie er mit den Medien umgeht und vielen anderen Dingen.»

Mit Burnley erst furios rauf, dann schnell wieder runter

Kompany war mit dem FC Burnley 2023 souverän nach 29 Siegen in 46 Championship-Partien in die Premier League aufgestiegen – und umgehend als Vorletzter mit nur 24 Punkten wieder abgestiegen. Rund um das Turf Moor bleibt aber vor allem die furiose Premierensaison in Erinnerung, weil der Kader für den Klassenerhalt in Englands Eliteklasse zu schwach gewesen sein soll.

«Wenn sie glauben, dass ‚Vinny‘ die richtige Entscheidung ist», sagte Guardiola an die Münchner Boss gerichtet, dann brauche so ein Junge auch bedingungslose Unterstützung. «Ich würde mich freuen, wenn Bayern die beste Entscheidung trifft, denn ich liebe diesen Club aus vielen Gründen, vor allem die Leute, die noch dort sind.»

Jeder beim FC Bayern von Hoeneß‘ «Gnaden abhängig»?

Bedingungslose Unterstützung? Das sind schon zwei starke Worte. Aber zumindest Unterstützung von den nicht selten vielstimmigen Gremien des Vereins sollte es schon geben. Schließlich muss auch der Aufsichtsrat um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge der Personalie Kompany zugestimmt haben. Sonst gäbe es auch keinen Drei-Jahres-Vertrag und keine Ablöse an Burnley, die zwischen zehn und zwölf Millionen Euro betragen soll.

«Uli Hoeneß hat den Verein, wie er jetzt dasteht, so geschaffen. Das war immer die Problematik bei seinem Tun, weil er alles kontrollieren wollte. Wenn er einen Trainer hatte, den er kontrollieren konnte, dann war die Welt in Ordnung. Wenn ein Trainer mit ihm nicht so konnte, gab es Schwierigkeiten», sagte er frühere Bayern-Trainer Felix Magath, zwischen 2004 und 2007 zweimal Double-Gewinner in München, über die Krise beim FC Bayern in einer Sky-Sendung.

Das alles gehe schon über Jahrzehnte so. «Jeder ist von seinen Gnaden abhängig, der hier arbeitet.» Und auch damit dürfte Kompany klarkommen. Egal, ob man ihn als E-Lösung oder XY-Lösung titulieren will.

Von Martin Moravec und Jens Marx, dpa

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