Borussia Dortmund ist in Leipzig aus dem DFB-Pokal ausgeschieden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa)

Nach dem desaströsen Pokal-Abend hatte Sebastian Kehl seinen Puls schneller wieder unter Kontrolle, als man es hätte vermuten können. Der Sportdirektor von Borussia Dortmund stand im blauen Pulli im Bauch des Leipziger Stadions und zerlegte den grausamen Auftritt des selbst ernannten Meisterkandidaten mit ruhiger Stimme.

Jedes Wort saß. «Man muss festhalten, dass wir in London, in München und jetzt hier in Leipzig nicht die Leistung gezeigt haben, um ganz nach vorn zu kommen», sagte Kehl. Die Leistung sei unerklärlich und «es wird uns ein paar Tage beschäftigen und nachdenklich machen».

«Zwei Nackenschläge» für Borussia Dortmund

Raus in der Champions League beim FC Chelsea, Sturz von der Tabellenspitze der Bundesliga bei Bayern München und als Tiefpunkt der drei Grausamkeiten das 0:2 im Viertelfinale von Leipzig. Es hätte auch ein 0:6 sein können, so fatal war der Auftritt des BVB vor allem in der ersten Hälfte. «Wir haben uns nicht gewehrt», sagte Kehl und fasste die Pleiten in München und Leipzig binnen vier Tagen zusammen: «Das waren zwei Nackenschläge innerhalb kürzester Zeit.»

Nach dem laut Trainer Edin Terzic «scheiß Abend» von Leipzig kann man natürlich die Titelreife der Mannschaft infrage stellen. Vielmehr dürfte es aber um die Mentalität gehen, von der in Leipzig überhaupt nichts zu sehen war. Leipzig zeigte nach zuletzt drei Niederlagen eine Reaktion von unglaublicher Intensität – und der BVB ergab sich praktisch von der ersten Minute an seinem Schicksal. Jamie Bynoe-Gittens setzte tief in der Nachspielzeit einen Schuss auf das RB-Tor – es war der einzige Dortmunder Versuch des gesamten Abends.

Die erfahrenen Leistungsträger Marco Reus und Mats Hummels gaben das Spiegelbild der Mannschaft ab. Von Reus‘ Anwesenheit nahm man in der 76. Minute Notiz – bei seiner Auswechslung. Und der ebenfalls ausgewechselte Hummels bewies in einer Rudelbildung kurz vor dem Ende mehr Beweglichkeit und Übersicht als in den 85 Minuten seines Einsatzes. Dass der 34-Jährige beim ersten Leipziger Tor tollpatschig wirkt – geschenkt. Dass er einen Querpass in der eigenen Hälfte unbedrängt ins Aus spielt, dürfte Hummels selbst nicht begreifen.

Natürlich ist es fachlich falsch, die Leistungsfähigkeit dieser Mannschaft an einem Spiel zu bemessen. Doch fasst man wie Kehl London, München und Leipzig zusammen, muss man sich schon fragen, ob der BVB hier nicht an die Decke seines Könnens stößt und völlig zurecht als Verlierer vom Platz geht. Ausgenommen hiervon ist der diesmal exzellente Torwart Gregor Kobel und mit Abstrichen auch Jude Bellingham. Es bedurfte der Einwechslung des erst 19 Jahre alten Briten, damit mal so etwas wie ein Ruck durch das Team geht.

In der Bundesliga wartet nun der 1. FC Union

Ein Titelkampf bleibt dem BVB nun noch. Der Rückstand auf Bayern München in der Bundesliga beträgt nur zwei Punkte. Und am Samstag (15.30 Uhr/Sky) kommt es gegen Union Berlin zum Top-Spiel Zweiter gegen Dritter. Während Kehl so kurz nach dem Spiel mit einem Konzept für Union verständlicherweise noch überfordert war, ließ sich Terzic seinen Optimismus nicht nehmen. «Wir haben in dieser Saison bereits gezeigt, dass wir bereit sind, aus Fehlern zu lernen. Wenn wir es schaffen, an die Dinge anzuknüpfen, die uns stark gemacht haben, dann haben wir die Möglichkeit, einen Titel zu feiern», sagte der 40-Jährige.

Als polternder Herausforderer der Bayern gab sich Terzic nachvollziehbar nicht. Angesichts der Darbietung wollte er den möglichen Gewinn der Meisterschale nicht thematisieren. «Es wäre vermessen, darüber zu sprechen. Wir müssen das erst einmal von der Leistung her geraderücken», sagte Terzic. Auf dem Papier stimmt die Bilanz in der Liga noch, da hat man im Jahr 2023 nur ein Spiel verloren. Über alle Wettbewerbe gesehen, hat Dortmund aus den vergangenen fünf Spielen allerdings nur einen Sieg geholt.

Tom Bachmann, dpa

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