Wurde in Nizza suspendiert: Youcef Atal. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Am kommenden Wochenende gedenken Zehntausende Menschen und alle Bundesliga-Spieler in den Stadien der Opfer des terroristischen Angriffs der Hamas auf israelische Zivilisten.

Die vom Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball Liga wegen der schrecklichen Bilder des Nahost-Konflikts empfohlene Schweigeminute wird für einen Moment der Stille sorgen. Nach pro-palästinensischen Beiträgen von Spielern ist die hoch komplizierte Lage für die Vereine längst zur großen Herausforderung geworden, der Umgang damit schwierig.

«Deeskalieren und dauerhaften Frieden zu schaffen»

«Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit ist insbesondere dann begrenzt, wenn Straftaten wie Beleidigung oder Volksverhetzung begangen werden», sagte Ulf Baranowsky von der Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV) der Deutschen Presse-Agentur. «Inwieweit strafrechtliche Verstöße vorliegen und arbeitsrechtliche Sanktionen rechtskonform sind, ist im Einzelfall zu beurteilen.» Insbesondere bei kriegerischen Auseinandersetzungen sollten Personen des öffentlichen Lebens ihrer Vorbildrolle gerecht werden, sagte Baranowsky. «Ziel muss es sein, zu deeskalieren und dauerhaften Frieden zu schaffen.»

In den vergangenen Tagen hatten unter anderem die Profis Anwar El Ghazi vom 1. FSV Mainz 05 und Noussair Mazraoui vom FC Bayern München mit Beiträgen in den sozialen Medien für Aufsehen und Kritik gesorgt. Der deutsche Ex-Nationalspieler Mesut Özil und der im Sommer von Real Madrid zu Al-Ittihad nach Saudi-Arabien gewechselte Ex-Weltfußballer Karim Benzema kommentierten den Konflikt ebenfalls mit eindeutiger pro-palästinensischer Tendenz.

Beiträge werfen Fragen auf

Die Beiträge der Fußballer werfen viele Fragen auf. El Ghazi wurde bereits vom Spiel- und Trainingsbetrieb seines Clubs freigestellt. «Mainz 05 respektiert, dass es unterschiedliche Perspektiven auf den seit Jahrzehnten währenden komplexen Nahost-Konflikt gibt», teilten die Rheinhessen mit. «Der Verein distanziert sich jedoch von den Inhalten des Posts, da dieser nicht mit den Werten unseres Vereins einhergeht.» Die Bayern hatten angekündigt, mit dem Marokkaner Nazraoui nach dessen Rückkehr von der Länderspielreise in dieser Woche ein Gespräch führen zu wollen.

Gegen Youcef Atal vom französischen Club OGC Nizza ermitteln die Justizbehörden. Der algerische Nationalspieler steht im Verdacht, Terrorismus öffentlich befürwortet zu haben. Von seinem Verein wurde der 27-Jährige wegen seines Pro-Palästina-Posts suspendiert.

In vielen Fällen sorgt die Verwendung der Parole «Free Palestine» für Diskussionen – auch, weil sie wohl unterschiedliche Interpretationen zulässt. «Das Problem ist, dass diese Spieler, die Millionen verdienen, den Sinn von „Free Palestine“ nicht verstehen», sagte Alon Meyer, der Präsident des deutsch-jüdischen Sportverbands Makkabi, bei Sky. «Die Solidarität mit den Menschen in Palästina, die sie vielleicht mit so einem Post bekunden möchten, ist vollkommen in Ordnung», so Meyer. «Free Palestine» bedeute jedoch «ein freies Palästina vom Fluss bis zum Meer gegen das Existenzrecht Israels und das geht nun mal nicht».

Spieler nicht als Privatpersonen unterwegs

In der Regel weisen die Clubs ihre Spieler explizit darauf hin, dass sie auch in den sozialen Medien eben nicht als Privatpersonen, sondern Repräsentanten ihres Arbeitgebers auftreten und dort dementsprechend nicht vereinsschädigend aktiv werden sollten. Sich vertraglich für alle möglichen Fälle zu wappnen, ist aber nahezu unmöglich. Was zu der Frage führt: Was ist noch zu tolerieren und was zu sanktionieren? Heißt ein Spieler kriegerische Taten gut, kann es strafrechtliche Konsequenzen für ihn haben. Teilt er nur gewisse Ansichten, ist eher der Ermessensspielraum der Clubs gefragt – und dieser ist mitunter riesig.

«Wichtig ist auch die Prävention», sagte VdV-Präsident Baranowsky. «Gerade im Sport gilt es, junge Menschen frühzeitig zu sensibilisieren und bei Problemen das Gespräch zu suchen.» Die Milliardenbranche Profifußball spürt das dieser Tage ganz besonders.

Christoph Lother und Holger Schmidt, dpa

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